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Foto: Pressefoto von Tommy Toalingling

Tommy Toalingling | Quelle: Toalingling

Interview von Patsy
Bereich
Unterhaltung
Veröffentlicht
30.05.2021

Das Queerformat - Tommy Toalingling im Interview

20.000 Follower auf Instagram, 100.000 Abonnent*innen auf YouTube - Tommy Toalingling ist einer der bekanntesten Influencer aus der LGBTQIA+ Community. "Mein Ziel ist es, auf Dauer obsolet zu machen, dass es meine Videos gibt", erzählte er mir. Aber was steckt sonst noch hinter dem Kanal Tommy Toalingling? Wie geht Tommy mit Hass und Diskriminierung um? Wie nimmt er die politische und gesellschaftliche Debatte um die Themen der Queer-Community wahr? Und warum tut er sich den ganzen Stress überhaupt an?

LGBTQIA+ ist ein sehr breites Themenfeld. Bei aROund haben wir im "Queerformat" schon über Diskriminierung gesprochen, mit sehbehinderten Menschen geredet und gefragt, wie es ist, queer zu sein mit Handycap. Wir versuchen, die Regenbogencommunity sichtbar zu machen. Selbiges macht Tommy Toalingling schon seit einigen Jahren und war in diesem Zusammenhang gerne bereit, mir ein Interview zu geben!

 

 "Das Beste, was wir machen können, ist sichtbar sein", erzählte Tommy. Gerade in ländlicheren Regionen sei es wichtig, das Thema in die Öffentlichkeit zu bringen, in Zeitungsartikeln über den örtlichen LGBTQIA+ Jugendtreff zu berichten oder auf dem Stadtfest mit einem Stand aufzutauchen. Denn queere Community ist nicht gleich queere Community. "Es gibt tatsächlich maßgebliche Unterschiede in der LGBTQ+ Community innerhalb Deutschlands", weiß der Influencer aus Erfahrung zu berichten. Während es in Großstädten wie Köln und Berlin ganze Straßen mit Gayclubs gibt, findet man beispielsweise in Bonn nicht einen, sagt er. Warum auch? Köln ist doch direkt um's Eck! Auch in Hannover, wo Tommy ursprünglich herkommt, gab es bis vor einigen Jahren nahezu keine queere Szene.  

"Ich möchte einfach das Symbol dafür sein, dass man sein kann, wie man möchte."

Umso besser ist es da natürlich, wenn im Internet Brücken gebaut werden. Tommy war mehr oder weniger der erste, der seine Homosexualität derart in den Vordergrund gerrückt hat. Dass das mittlerweile auch andere machen, stört ihn gar nicht, er begrüßt es sogar. Trotz seiner großen Reichweite bezeichnet er sich selbst nicht als Influencer, ihm geht es nach eigener Aussage einfach um die Botschaft. Da ist es natürlich von Vorteil, wenn die Botschaft von immer mehr Menschen in die Welt hinausgetragen wird.

 

"Ich mache das nicht, um berühmt zu werden, ich mache das nicht, um mich zu bereichern, dann würde ich Reaction-YouTuber werden. Ich mache das einfach, um zu helfen." Es klingt fast zu schön um wahr zu sein: Jemand, der mit seiner Reichweite einfach nur helfen möchte. Jemand, der Anfeinungen und Hass in Kauf nimmt, um aufzuklären. Es wäre einfacher, würde er einfach wieder seine Unterhaltungs Videos machen, wie er sie noch vor 6 oder 7 Jahren machte, und das weiß Tommy auch: " Es wäre schön, wenn es einfach nur einfach wäre. Es wäre einfach für mich. Aber ich sehe da draußen den 13-jährigen Tommy, der niemanden hatte, den er fragen kann, niemanden hatte, den er ansprechen kann. Und ich möchte einfach für diesen Tommy, der ich damals war, der Ansprechpartner sein. Ich möchte einfach das Symbol dafür sein, dass man sein kann, wie man möchte."

 

Und Hate scheint Tommy mittlerweile gar nicht mehr zu stören. "YouTube ist mein Haus, ich entscheide wer zu Gast ist." Die Aussage klingt hart, ist aber notwendig. Beleidigungen werden einfach gelöscht und Nutzer blockiert. Fragen hingegen werden beantwortet: "Lieber dumme Fragen stellen als Vorurteile und Klischees zu unterstützen und zu entwickeln!" Online möchte Tommy aufklären und deshalb widmet er neben seinem eigentlichen Job jeden Tag 3 Stunden seiner Communitiy. Es sei zwar ein Ding der Unmöglichkeit, auf alle Privatnachrichten zu antworten, aber gelesen hat er sie alle. "Ich möchte gerne ein offenes Ohr bieten, aber ohne mir Druck zu machen" und das heißt eben, Komplimente liken, Smalltalk ignorieren und Zuschauern in Not unterstützend zur Seite stehen. Und das ist leider bitter nötig. 

"Die Suizidrate von LGBTQI+ Kindern ist tatsächlich sehr viel höher, als die bei herteronormativen Kindern und Jugendlichen."

Rund 90% aller queeren Jugendlichen haben Erfahrung mit Mobbing machen müssen. "Im echten Leben ist man oft wie gelähmt und weiß nicht, wie man auf Hass reagieren soll." Tommy selbst wurde wegen seiner Homosexualität beispielsweise mal der Arbeitsplatz gekündigt. "Die Suizidrate von LGBTQI+ Kindern ist tatsächlich sehr viel höher, als die bei herteronormativen Kindern und Jugendlichen." Deshalb bietet Tommy auch immer wieder Kurse für Kinder und Jugendliche zum Thema Hate Speach an, denn von der Gesellschaft bekommt die Thematik seiner Meinung nach nicht genug Aufmerksamkeit. Zwar kämen Debatten über die LGBTQIA+ Community immer wieder wellenartig, aber über die psychische Belastung werde nicht gesprochen. Und selbst in der bestehenden Debatte wird die Frage doch völlig falsch gestellt, meint er. Noch immer berücksichtigt Artikel 1 unseres Grundgesetzes nicht die Sexualität eines Menschen. Viel zu oft wird gefragt, ob queere Menschen die gleichen Rechte bekommen sollten, nur selten wird gefragt wie wir Gleichberechtigung schaffen können. Und wer weiß, wie lange wir überhaupt noch über Gelichberechtigung diskutieren? "Ich befürchte, dass es irgendwann wieder den Schwung in die andere Richtung gibt, wenn man sich die Politik so anschaut, wie sich die Querdenker oder die AfD jetzt so behaupten", befürchtet Tommy.

"Ich liebe meinen Job, weil..."

Es gibt aktuell viele Baustellen für unsere Gesellschaft. Einige Themen habe ich mit Tommy in diesem Interview angesprochen. Manchmal bringt es jedoch nichts, lange um ein Thema herum zu reden, daher hat Tommy für mich einfach ein par Sätze vervollständigt und versucht, seine Meinung zu verschiedenen Themen auf den Punkt zu bringen. Seine Antworten lauteten wie folgt:

 

"An deutschen Schulen sollte... sehr viel mehr zum Thema Internetnutzung, Mediennutzung, Medienkonsum und Hatespeech unterrichtet werden."

"Wenn ich Entwicklungen, wie die LGBT-freien Zonen in Polen höre, dann.. möchte ich einfach nur brechen."

"In einer heteronormativen Gesellschaft ist es als queerer Mensch wichtig, dass... man wahr- und ernst genommen wird."

"Für die Zukunft wünsche ich mir, dass... solche Sachen wie Outings obsolet werden und dass wir alle gleichberechtigt und gleichgestellt sind unabhängig von Sexualität, Religion, Geschlecht, körperlicher Verfassung, Herkunft und Hautfarbe."

"Die Politik sollte endlich... generell LGBTQI+ Rechte mehr ernst nehmen und dafür sorgen, dass alle gleichberechtigt sind."

"Das schwierigste am homosexuell sein ist, dass... man sich nach wie vor immer noch ständig erklären muss und irgendwie immer noch ungebildete Leute trifft, denen man das tatsächlich erstmal näher bringen muss."

"Ich liebe meinen Job, weil... ich hier sein kann wer ich bin und weil ich mit meiner Arbeit Menschen helfe und das ist mit besonders wichtig." 

Wir werden noch eine ganze Weile über LGBTQIA+ reden müssen, bis es endlich ganz normal ist. Tommy Toalingling tut seinen Beitrag dazu und ist auf YouTube und Instagram aktiv. Juni ist Pride-Month, es gibt keinen besseren Zeitpunkt, um über Gleichberechtigung zu sprechen, auch bei aROund. Wenn du also noch Fragen oder Anregungen zu unserem Queerformat hast, dann lass es uns auf Instagram wissen, und schau bei der Gelegenheit am Besten auch gleich mal bei Tommy vorbei!

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