zum Inhalt
Collage mit DDR Flagge, Buch, Halstuch und einem Spielzeug Trabant

Erinnerungen... | Collage: Melina

Artikel von Melina
Bereich
Wissen
Veröffentlicht
17.06.2023

DDeRleben - Leben im Grenzgebiet

Hast du dich schonmal gefragt, wie man in der DDR gelebt hat? Ich hatte immer das Gefühl, dass dieses Thema in der Schule zum Teil sehr einseitig betrachtet wurde, vor allem weil ich schon früh viel über das Leben damals gehört habe. Durch meine Familie habe ich gelernt, dass die Menschen, die in der DDR lebten, diese nicht unbedingt als schlecht empfunden haben. Aber sie haben durchaus auch die negativen Seiten gesehen. Ich möchte dir ein paar Geschichten von meinen Verwandten und deren Bekannten erzählen. Vielleicht lernst du dabei ja eine neue Seite der DDR kennen. In diesem Beitrag geht es darum, wie es war, nahe der innerdeutschen Grenze zu leben.

Geh nicht in den Wald!

Als ich letzten Sommer meine Großeltern in Thüringen besucht habe, konnte ich mich mit einer guten Freundin meiner Oma unterhalten, Gerda (Name geändert). Diese erzählte mir von ihrem Leben in der DDR. Damals lebte sie in einem Dorf, das nur durch ein Stück Wald von der Grenze getrennt war. Diese Nähe zur Grenze brachte einige Einschränkungen für die Bewohner mit sich. So konnte man nach Sonnenuntergang nicht mehr in den Wald gehen, da man Gefahr lief, zu nah an die Grenze zu kommen, was von den Grenzern als Fluchtversuch gewertet werden konnte. Und bei einem Fluchtversuch hatten die Soldaten die Anweisung, die betreffende Person entweder festzunehmen oder im schlimmsten Fall zu erschießen.

 

Daher kann ich gut verstehen, dass die Bewohner des Dorfes das Risiko lieber nicht eingegangen sind. Aber es ist schon echt unglaublich, das wir heute ganz einfach zum Beispiel über die Grenze nach Österreich gehen können und die Leute damals um ihr Leben fürchten mussten, wenn sie nur zu nah an ihre Grenze gingen.

Besuch nur mit Genehmigung!

Gerda erzählte mir auch, dass ihr Dorf in der sogenannten Sperrzone lag. Das heißt, dass man das Gebiet eigentlich nicht betreten durfte. Nur die Menschen, die dort lebten und die Soldaten, welche die Grenze bewachten, konnten sich in dort aufhalten. Deshalb mussten die Bewohner damit rechen, jederzeit von der Grenzpolizei angehalten zu werden und sich ausweisen zu müssen. Die Einwohner hatten einen Vermerk in ihrem Ausweis, der ihnen erlaubte, sich in der Sperrzone aufzuhalten. Hatte man seinen Ausweis nicht dabei, wurde man verhaftet und zur Identitätsfeststellung auf die Wache gebracht. Wenn Gerda jetzt also Besuch empfangen wollte, dann mussten die Besucher eine Sondergenehmigung - den sogenannten Passierschein - beantragen. Die Genehmigung dieses Antrages konnte allerdings einige Wochen dauern! Also konnte man sich nicht einfach mal spontan entscheiden, kurz auf einen Kaffee bei Gerda vorbeizukommen. 

 

Dieses Level an Kontrolle schockiert mich richtig, denn meine Verwandten hatten mir bis jetzt fast ausschließlich über die positiven Aspekte der DDR berichtet und das negative, was ich ja auch aus der Schule kenne, als nicht so schlimm abgetan.

Weggezogen über Nacht?

Das Thema, was mich in unserem Gespräch aber vielleicht am meisten geschockt hat, war, als Gerda erzählte, dass einige Menschen einfach so über Nacht ihre Häuser verlassen mussten. Damals fragte sie sich, was diese Leute denn Schlimmes getan hätten, um so eine Strafe zu provozieren. Die Personen, die vertrieben wurden, wurden von den anderen Dorfbewohnern dann schnell als Verbrecher abgestempelt, denn sie mussten ja wohl irgendetwas angestellt haben. Erst nach der Wiedervereinigung bekam Gerda die Chance, mit einem Betroffenen dieser Vertreibung zu sprechen. Sie erfuhr, dass das Vergehen der meisten Vertrieben gewesen war, dass sie als "westnah" eigestuft wurden. Das konnte zum Beispiel bedeuten, dass sie viele Verwandte im Westen hatten, zu viel West-Fernsehen oder West-Radio konsumiert hatten oder sich kritisch der Regierung gegenüber geäußert hatten. Gerda hat das in gewisser Weise die Augen geöffnet und sie hat erkannt, dass diese Menschen zu unrecht vertrieben wurden und alle im Dorf sich ein falsches Bild von ihnen gemacht hatten.

 

Diese Erzählung finde ich so unglaublich, da die Betroffenen nicht nur ihr Zuhause verloren, sondern auch noch zu unrecht von ihren Mitmenschen verurteilt worden sind. Hier zeigt sich ganz gut, dass die DDR ein Regime war, das auch vor Unrecht nicht zurückgeschreckt hat.

Botschaft an junge Menschen!

Ich sagte im Gespräch zu Gerda, dass ihre Schilderungen für mich unvorstellbar sind und ich ziemlich geschockt bin von dem was sie erzählt. Sie sagte daraufhin:

 

„Ja das können sich die jungen Menschen heute nicht mehr vorstellen und das ist gut so! Deswegen ist es aber so wichtig, dass ihr zuhört und euch über diese Zeit informiert, denn so etwas darf einfach nicht noch einmal geschehen. Ihr seid die Zukunft und ihr bestimmt in welche Richtung sich das Land entwickelt.“

 

Das finde ich eine sehr wichtige Botschaft und sie war auch der Grund, warum ich mich entschieden habe, über das Thema DDR zu schreiben. Wenn du mehr darüber lesen möchtest, dann schau auch in meine anderen Beiträge hier bei aROund.

Zu all meinen Beiträgen
>