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Foto: Eine halbleere Glasflasche mit  einer rosa Sauce darin, auf dem Etikett sind Paprika und Knoblauch zu erkennen

Paprikasoße ungarischer Art? | Foto: aROund

Meinung von Patsy
Bereich
Kultur
Veröffentlicht
07.02.2021

Die Letzte Instanz und political correctness - der WDR in der Kritik

Früher aß man einen "N-Kuss". Heute essen wir Schokoküsse. Bis vor kurzem war es normal, im Supermarkt "Z-Soße" zu kaufen, mittlerweile kaufst du Paprikasoße ungarischer Art. Aber sind solche Änderungen wirklich notwendig? Ist es rassistisch, wenn ich ein Z-Schnitzel im Restaurant bestelle?
Der WDR fragte genau das Thomas Gottschalk, Janine Kunze, Jürgen Milski und Micky Beisenherz und die Antworten der Prominenten lösten einen regelrechten Shitstorm aus.

 

Meinung von Patsy

 

Edit vom 11.02.2021: Dieser Artikel wurde von mir überarbeitet und anschließend erneut hochgeladen. Die ursprüngliche Fassung enthielt Äußerungen, die als rassistisch und verletzend angesehen werden konnten. Dafür möchte ich mich entschuldigen, es lag zu keinem Zeitpunkt in meiner Absicht, andere zu diskriminieren. Ich war mir nicht im Klaren darüber, dass die Nennung gewisser Wörter, sogar unabhängig vom Kontext, beleidigend ist.

"Diskriminierung bezeichnet eine Benachteiligung oder Herabwürdigung von Gruppen oder einzelnen Personen nach Maßgabe bestimmter Wertvorstellungen oder aufgrund unreflektierter, z.T. auch unbewusster Einstellungen, Vorurteile oder emotionaler Assoziation", so steht es zumindest auf Wikipedia. Das klingt vielleicht kompliziert, ist aber eigentlich nicht so schwer: Alles, was eine andere Person, ob bewusst oder nicht, als einen Menschen zweiter Klasse darstellt, ist diskriminierend. Wie schafft es dann ein TV-Sender, wie der WDR, mit einer einzigen Sendung in die Kritik zu kommen und sich unter anderem vorwerfen lassen zu müssen, er sei rassistisch?

 

Das ist so passiert: Um die Frage zu klären, ob eine Äußerung einen anderen herabwürdigt, muss man mit den Personen sprechen, für die eine solche Aussage verletzend sein könnte. Vor allem, nachdem Diskriminierung ja schon so definiert wird, dass auch unbewusste Einstellungen und Assoziationen andere Menschen benachteiligen können. Aber genau das hat der Westdeutsche Rundfunk in seiner Sendung "Die letzte Instanz" nicht getan. Es waren nur weiße Talkgäste eingeladen. Jürgen Milski eröffnete die Runde so: "Ich komme aus einer Generation, wo das überhaupt kein Problem war, dass man in ein Restaurant reingegangen ist und hat ein Z[...]schnitzel bestellt oder extra Z[...]soße. Da haben wir uns überhaupt keine Gedanken drüber gemacht. [...] Daran sieht man, wie wenig Humor noch in Deutschland herrscht und alles auf die Goldwaage gelegt wird."

 

Meiner Meinung nach, ist dies zwar eine unbewusste Äußerung, die aber dennoch andere verletzen kann. Na gut, irgendwie ist es vermessen, wenn ich mir anmaße, über so etwas urteilen zu können. Ich bin keine Betroffene und habe auch mit keinem Sinti oder Roma darüber gesprochen. Mich tangiert es nicht, wenn jemand einen "N-Kuss" isst oder "Z-Soße" kauft, aber vielleicht trifft es andere. Und für mich ist es unter diesen Umständen keine Frage, dass ich meine Sprache so anpasse, dass ich niemanden, ob gewollt oder nicht, beleidige! Auch wenn ich gar niemanden kenne, den meine Äußerung verletzen könnte. Ich sag ja auch nicht "Krüppel" zu einer Person, auch nicht wenn im direkten Umfeld gerade niemand mit einer Behinderung anwesend ist. Man sagt das einfach nicht. Auch nicht, wenn man "das nicht so meint".

Dieser Meinung sind wohl auch viele Politiker und Prominente und so kam es wie es kommen musste: Der WDR löste einen Shitstorm aus. Aber es waren nicht nur Äußerungen über den Sprachgebrauch potenziell rassistischer Begriffe, die Unmut bei den Menschen auslösten. Auch Geschichten, wie die von Thomas Gottschalk, der erzählte, dass er einen Moment der Erleuchtung erlebt hätte, als er schwarz angemalt und als Jimi Hendrix verkleidet auf einer Party voller weißer Bänker gewesen war. Nicht nur gilt das sogenannte black-facing als rassistisch, man kann auch ein Kostüm nicht mit der Wirklichkeit gleichsetzen! Schließlich wussten auf dieser Feier dennoch alle, dass es sich bei dem Mann mit der Gitarre eben nicht um einen starkpigmentierten Mitbürger handelte, sondern um einen Enterainer. Ebenso glaubwürdig wäre es wohl, wenn ein Mann sagen würde: "Ich bin mal in einem Kleid aus dem Haus gegangen und weiß jetzt, wie es ist, eine Frau zu sein. Schon krass, wie Sexistisch unsere Gesellschaft ist und ich habe das am eigenen Leib erfahren."

Aber wenigstens scheinen die Verantwortlichen aus diesem Fauxpas gelernt zu haben. Klickt man jetzt in der Mediathek auf die umstrittene Sendung, bekommt man vor der eigenlichen Aufzeichnung noch den Hinweis zu lesen, dass der Beitrag stark in der Kritik stünde und das zu Recht. Weiter erklärt der WDR, dass es zwar der Sinn der Talkrunde gewesen sei, dass Prominente einfach mal ihre Meinung kund tun könnten, er jedoch einsehe, dass bei derart kontroversen Fragen verschiedene Sichtweisen zur Sprache kommen müssten und Betroffene dazu befragt werden sollten. Auch macht der Sender klar, dass er zukünftig darauf achten wolle. Aus Transparenzgründen allerdings wolle man die Sendung der Öffenlichkeit weiterhin zur Verfügung stellen und sich auch der berechtigten Kritik nicht entziehen wollen.

 

Die Schauspielerin und Moderatorin Janine Kunze äußerte sich auf Social Media zu den Vorwürfen. Sie entschuldigte sich für ihr Äußerungen und schrieb, dass ihr klar geworden sei, dass sie Menschen aus der Sinti- und Roma- Community mit ihren Worten verletzt hätte. Sie erklärt weiter, dass sie als Mutter von 3 Kindern eigentlich aufgeklärter sein müsste und für die Zukunft hoffe, dass die  Menschen voneinander lernen.

Als Fazit bleibt mir daher nur zu sagen, dass diese Sendung weit übers Ziel hinaus geschossen ist. Ich kann die gefallenen Aussagen nicht gut heißen, bin aber beeindruckt von der Lernfähigkeit einiger Beteiligten. Ich weiß, dass wir uns immer wieder mit Alltagsrassismus außeinandersetzen müssen. Ich hoffe allerdings, dass sich unsere Gesellschaft ein Beispiel an Menschen wie Janine Kunze nimmt. Sie ist sich ihres Fehlers bewusst, steht in der Öffentlichkeit dafür gerade und versucht daraus zu lernen. Fehltritte sind menschlich und wir werden Diskriminierung nicht einfach abschaffen können, aber wir können lernen. Dann ist Rassismus hoffentlich irgendwann kein Thema mehr.

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