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Grafik, die eine Filmklappe mit der Aufschrift "Tenet" zeigt. Daneben zeigt ein roter Leuchtpfeil auf die Kategorie "Action-Thriller".

Bild: aROund, Skizze: Tabea Kreutziger

Meinung von Benni
Bereich
Unterhaltung
Veröffentlicht
13.10.2020

Filmkritik: Tenet - So gut wie Inception?

Meinung von Benni

Nach über sechs Monaten Pause durch Corona habe ich mich nun gestern voller Vorfreude dazu entschlossen, endlich wieder ins Kino zu gehen. Endlich wieder die Kinoatmosphäre erleben zu dürfen erzeugte in mir eine derart kindliche Freude, dass ich es gar nicht abwarten konnte, abends ins Kino zu fahren und Tenet, den neuen Action-Thriller von Christopher Nolan, auf der großen Leinwand genießen zu können. Ich hoffe, die folgende Kino-Review macht allen leidenschaftlichen Kinogängern auch Lust, mal wieder Kinoluft zu schnuppern!

Tenet geht 150 Minuten, was man dem Film zu keinem Zeitpunkt anmerkt, da er in weiten Teilen in einer sehr hohen Geschwindigkeit erzählt wird. Tenet schafft es dennoch, den Charakteren mit schön ausgearbeiteten Hintergrundstories die nötige Tiefe zu verleihen. Damit ist er ein gutes Beispiel dafür, dass die Überlänge in Action-Thrillern auch gut genutzt werden kann und nicht zwangsweise zu langatmigen Füllsequenzen führen muss.

 
Normalerweise würde ich hier jetzt etwas zur Handlung schreiben, verzichte aber bei Tenet darauf, weil das unvoreingenommene und "ahnungslose" Sehen des Films für mich bei Tenet und auch bei allen anderen Nolan-Filmen essentiell ist. Die konfuse Struktur dieses Films zusammenzufassen bedürfte außerdem noch mindestens eines zweiten Kinobesuchs, wofür Nolan sowieso schon bekannt ist, aber in Tenet erreicht er im Mindfuck-Genre ein völlig neues Level. Wer Inception gesehen hat, meint, er sei gut auf Tenet vorbereitet. Tja, weit gefehlt!

Dieser Film ist so brilliant verwirrend, dass man in manchen Szenen das Gefühl hat, den Film verstanden zu haben, Nolan einen aber im nächsten Moment wissen lässt, dass man auf der völlig falschen Fährte war. Das clevere Verweben von Ereignissen, die zwar nicht jedes Mal völlig unerwartet sind, aber doch immer mit einer unerwarteten Wendung daherkommen, machen diesen Film erzähltechnisch auf mehreren Ebenen für mich zum besten Nolan-Film.


Die Charaktere in Tenet sind genauso fein konzipiert und auf die Leinwand gebracht wie die Handlung selbst. Man merkt, dass sich beim Drehbuch und der Ausarbeitung der Charaktere Zeit genommen wurde. Robert Pattinson und Elizabeth Debicki glänzen für mich in ihren Rollen, auch wenn ersterer manchmal etwas untergeht. Kenneth Branagh spielt den Antagonisten mit einer Intensität, dass er mich in manchen Szenen mit seiner Mimik im Kinositz zusammenzucken und immer kleiner werden ließ. Dann wäre da noch John David Washington, um die Riege der Hauptdarsteller zu vollenden. Und das Beste kommt bekanntlich zum Schluss! Denn was Washington da auf die Leinwand gelegt hat, war im wahrsten Sinne des Wortes großes Kino. Sein Charakter ist so fein gestrickt, dass man unglaublich schnell Vertrauen zu ihm aufbaut und ihn von der ersten Sekunde an als einen persönlichen Bezugspunkt im Film ansieht. Klar, er ist der Hauptcharakter, aber es ist trotzdem etwas sehr Besonderes, in so kurzer Zeit eine so enge Bindung zu einem Charakter aufzubauen, über den man verhältnismäßig wenig erfährt. Aber auch das ist Absicht!


Das Technische ist - wenig verwunderlich - genauso wie in fast allen Nolan-Filmen auf höchstem Niveau. Was die Special Effects angeht, wurde weitestgehend auf gutes Handwerk und fast nie auf CGI zurückgegriffen, was den Film deutlich echter wirken lässt. Die Kameraarbeit ist hier besonders hervorzuheben, da sie zusammen mit Effekten und Musik, auf die ich nachher noch eingehen werde, eine gewisse Grundstimmung erzeugt, die wie maßgeschneidert zu Tenet passt. Sie kreiert mächtige Bilder sowie atemberaubende Kampfszenen, die ein bisschen an "1917" erinnern. Und auch in ruhigeren Momenten werden Bilder eingefangen, die an sich schon spektakulär gut sind und dann noch so treffend und clever die einzelnen Situationen untermalen, dass der Zuschauer sich - wenigstens kurz - einmal entspannen kann.


Die Musik beziehungsweise der Score von Tenet wurde von Ludwig Göransson komponiert und arrangiert, den man vielleicht schon von den tollen Soundtracks von Marvels "Black Panther" oder den Rocky-Nachfolgern "Creed" 1 und 2 kennt. Er inszeniert hier einen musikalischen Epos, der allein schon so viel Gänsehaut erzeugt, wie es manch anderer Blockbuster nicht einmal insgesamt hinbekommt. Ich bin mir sicher, dass dieser Soundtrack mich noch ein paar Tage begleiten wird und auch an viele Szenen erinnern wird, wenn ich gewisse Bruchstücke wieder hören werde. Und das zu Recht, weil er einen sehr besonderen Stil hat, der in Erinnerung bleibt und sich direkt untrennbar mit Tenet im Kopf einbrennt. Die Eindringlichkeit der Musik trägt einen nicht unwichtigen Teil zur Spannung und Dramatik des Films bei, die man auf keinen Fall missen möchte. Wenn man in den kommenden Jahren über Tenet spricht, wird man sich meiner Meinung nach ähnlich wie bei "Fluch der Karibik" oder "Der weiße Hai" definitiv an die grandiose Filmmusik zurückerinnern.

Video: "TENET - Offizieller Trailer #1 Deutsch HD German (2020)" (Quelle: YouTube | Kanal: Warner Bros. DE | vom 09.10.2020)

Fazit

Tenet ist für mich ein Paradebeispiel dafür, wie ein Action-Thriller in der heutigen Zeit aussehen muss. Das Gesamtpaket ist mehr als nur stimmig und entspricht, nein übertrifft die Ansprüche, die man heutzutage an Kinofilme stellt. Christopher Nolan hat es mal wieder geschafft, ein filmisches Meisterwerk auf die Leinwand zu zaubern, welches den Zuschauer durchgehend fesselt und aufgrund einer selbst für Nolan außergewöhnlich skurrilen Handlung brilliert. Meiner Meinung nach übertrifft sich der König des Mindfuck-Genres mit seinem neuen Film selbst. Tenet stellt Inception komplett in den Schatten und könnte durchaus Anwärter auf einige der heißbegehrten Oscars sein. Der Film bekommt von mir in seinem Genre Action-Thriller mehr als nur verdiente 9,5 von 10 Punkten, ebenso wie insgesamt. Nach einer derart langen Pause hat mir Tenet wieder eindrucksvoll bewiesen, warum ich Filme und Kino liebe.

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