Geht´s hier lang?
- Info von Team aROund
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- Wissen
- Veröffentlicht
- 05.11.2024
Was will ich werden?
In welchem Team bist du: Team "Kein Plan" oder Team "Ich weiß genau, was ich mal arbeiten will"? Ich war während meiner Recherchen zum Thema Berufswahl erstmal "lost in too much information". Allein im Internet findet man so viele Webseiten, die einem bei der Suche nach einer Ausbildung oder einem Studium helfen wollen und wenn man den Berufsberater an der Schule fragt oder ins BiZ geht, kommen noch ein Haufen Broschüren dazu. Wo also anfangen?
Das habe ich Astrid Schneider gefragt. Sie ist die Teamleiterin der Berufsberatung bei der Agentur für Arbeit in Rosenheim. Dass das mal ihr Job wird, hat sie nach der Schule auch nicht gedacht. Eigentlich wollte sie ins Hotelfach. Aber sie wollte auch gerne etwas tun, womit sie anderen Menschen helfen kann. Sowas nennt man Softskills. Und die spielen heutzutage eine ziemlich große Rolle bei der Berufswahl - vor allem wenn man später glücklich sein will in seinem Job.
Deine Stärken
Hallo Frau Schneider. Ich darf Sie heute interviewen. Welche Softskills brauche ich dafür, würden Sie sagen?
Als Reporterin sollten Sie vermutlich kommunikativ sein, vielleicht auch empathisch. Ich denke, dass Sie gerne mit Menschen arbeiten, gut auf Situationen reagieren können und sehr strukturiert arbeiten.
Und welche Stärken machen Sie gut in Ihrem Job als Teamleiterin der Berufsberatung?
Auch Kommuniktion, dann Glaubwürdigkeit und die Freude daran, mit Menschen zu arbeiten. Ich bin teamfähig und muss aber auch deligieren können.
Wussten Sie schon immer, dass Sie diesen Beruf ausüben möchten?
Nein. Als Schülerin dachte ich, dass ich unbedingt in einem Hotel arbeiten möchte.
Aber dann haben Sie sich doch anders entschieden?
Ja und lustigerweise war das tatsächlich eine Empfehlung durch die Berufsberatung. In dem Gespräch wurde mir klar, dass ich auch sehr sozial eingestellt bin und anderen helfen möchte. Die Beraterin hat mir damals von einem dualen Studium erzählt, das man in der Agentur für Arbeit machen kann. Ich habe dann mit meinen Eltern geredet und Vor- und Nachteile abgewägt. Heute bin ich sehr zufrieden, denn es macht mich froh, wenn wir Menschen in eine Arbeitsstelle vermitteln, mit der sie sehr zufrieden sind.
Ferienjob & Praktikum
Haben Sie denn auch mal etwas anderes gearbeitet?
Mein erstes Geld habe ich als Verkäuferin in einem Fotogeschäft verdient. Es ist immer gut, verschiedene Erfahrungen zu machen. Mein Sohn hat z.B. schon in einer Eisdiele und bei einem Skiverleih gejobbt.
Sollten alle Schülerinnen und Schüler jobben?
Ganz wichtig finde ich die Praktika. Die sollte man unbedingt nutzen! Zum einen gibt es ja die Schülerpraktika, aber auch ein Schnupper-Praltikum in den Ferien kann wertvoll sein - und sei es nur, um hinterher zu wissen, dass man diesen Job lieber doch nicht machen möchte. Das gibt es auch manchmal und es ist doch besser als wenn man das erst merkt, wenn man schon einen Ausbildungsvertrag für 3 Jahre unterschrieben hat.
Haben Sie einen Tipp, wo man eine Praktikumsstelle finden kann?
Im Internet gibt es Jobbörsen, wo auch Praktika eingetragen sind, wie bei unserem Portal "Jobsuche". Gut ist auch "Sprungbrett Bayern". Ich empfehle aber auch allen, einfach mal zu einem Betrieb hinzugehen und zu fragen, ob man ein Schnupper-Praktikum machen kann. Die Chancen, ein Ja als Antwort zu bekommen, stehen ziemlich gut.
Wann sollte ich denn anfangen, mir Gedanken über meine Berufswahl zu machen?
So richtig Sinn macht es in der Vor-Vorabgangsklasse. Da gehen wir auch an die Schulen. Für jede Schule ist ein Berufsberater oder eine Berufsberaterin von der Agentur für Arbeit zuständig. Bei denen kann man einen Termin in der Sprechstunde buchen. Einfach mal im Schulsekretariat fragen, wann die Berufsberater da sind und wie die heißen! Meist besuchen uns Schulklassen auch einmal hier im BiZ.
Das BiZ
Was ist das BiZ?
Das ist unser Berufs-Informations-Zentrum. Es hat von Montag bis Freitag von 8 bis 12 Uhr offen - auch in den Ferien. Falls man vormittags keine Zeit hat, weil man z.B. zur Schule geht, kann man auch einen persönlichen Termin am Nachmittag vereinbaren.
Und was macht man da?
Wir haben hier einen großen Raum mit mehreren Arbeitsplätzen mit Computern und Tablets. Da kann man z.B. mit der "Jobsuche" angebotene Stellen in der Region raussuchen. Es gibt auch Tests, die man für sich durcharbeiten kann, um persönliche Job-Vorschläge zu erhalten. Und natürlich Infos, welche Ausbildungswege zum Wunschberuf führen. Außerdem kann man kostenlos Zeugnisse und Fotos einscannen, Bewerbungen erstellen und diese ausdrucken. Das können viele zwar auch daheim machen, aber hier gibt es Mitarbeiter, die einem bei Fragen weiterhelfen!
+ + Im Berufsberatungsjahr 2023/2024 hatten sich bei der Agenur für Arbeit Rosenheim 2.004 Jugendliche gemeldet. Die allermeisten haben inzwischen eine Ausbildung, ein FSJ oder ein Studium begonnen. 72 Personen sind aktuell noch auf der Suche. An Möglichkeiten mangelt es nicht: In der Region sind noch über 700 freie Ausbildungsplätze gemeldet. + +
Was passt zu mir?
Wie finde ich überhaupt heraus, was mich interessiert?
Berufsorientierung ist immer ein Prozess. Es ist seltenst so, dass Jugendliche gleich wissen: "Das ist meine Berufung. Das will ich unbedingt machen." Es gibt ja auch so viele Möglichkeiten! Da kann es schnell sein, dass man erstmal etwas orientierungslos ist und sich fragt: "Was kann ich denn überhaupt machen?"
Und wer hilft mir, mich zurecht zu finden?
Also erstmal kann man sich Feedback bei den Menschen holen, die einen gut kennen: Eltern, Freunde, vielleicht der Trainer im Verein. Was denken sie, was zu einem passen würde? Auch spannend: Interesse zeigen! Was genau arbeiten eigentlich die Erwachsenen um mich herum? Was gehört alles dazu, wenn man z.B. als Krankenschwester arbeitet?
Und was ist der nächste Schritt?
Da empfehle ich die Berufsberater. Ab 14 Jahren kann man mit ihnen ein kostenloses Beratungsgespräch vereinbaren. Es gibt auch Job-Messen und gute Online-Tools: Check-U zum Beispiel. Das ist ein Test, der mir hilft, herauszufinden, was meine Stärken sind.
Check U - habe ich ausprobiert
Für den Test muss man sich zwar über eine Stunde Zeit nehmen, aber es macht auch Spaß. Man muss Fragen beantworten, wie man sich in bestimmten Situationen vehält, was einen stresst, was einen interessiert, usw. - meist mit einem Schieberegler zwischen 0 und 100. Achtung: 50 geht nicht - man muss sich also entscheiden. ;o) Es gibt auch so was wie kleine Prüfungsaufgaben z.B. zu Mathe. Am Ende erhält man "psychologisch fundierte Ergebnisse" - das heißt man kann ablesen, worin man überdurchschnittlich gut ist. Das ist eine gute Vorbereitung für Bewerbungsgespräche!
Der Test spuckt auch Vorschläge aus, welche Berufe für einen interessant sein könnten. Unter meinen TOP 6 waren lustigerweise "Binnenschifffahrtskapitänin" und "Gamedesignerin", aber auch "Mediengestalterin". Wofür ich mich laut Check-U nicht so eigne wäre "Modedesignerin" oder "Fleischerin" - nun ja, ich esse tatsächlich lieber vegetarisch...
Insgesamt würde ich den Test empfehlen. Ein Schwachstelle gibt es allerdings auch: er ist nicht für Screenreader geeignet, also nicht barrierefrei.
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Frau Schneider, Sie haben vorhin auch Job- und Ausbildungsmessen angesprochen...
Ja, die sind wirklich zu empfehlen. Oft sitzen da auch die Azubis an den Ständen der Betriebe. Die kann man dann fragen, wie die Ausbildung so läuft. Eine Peer to Peer Beratung, quasi.
Welche Messen gibt es bei uns?
Jetzt im November ist die Jobaktiv-Messe im KuKo zusammen mit der langen Nacht der Weiterbildung. Da sind auch viele Ausbildungsbetriebe dabei. Und es gibt einen Stand, wo man kostenlos professionelle Bewerbungsfotos machen kann, sogar mit MakeUp! Im Mai finden in Rosenheim gleichzeitig die Jobfit von der IHK und die Rosenheimer Ausbildungsmesse statt. Und im Oktober gibt es die meineZukunft! - auch in Rosenheim. Auch viele Schulen veranstalten sehr gute eigene Messen, z.B. die Wirtschaftsschule in Bad Aibling, die Mittelschule in Heufeld, die Realschule in Wasserburg oder das Gymnasium Raubling. Aber das sind nicht die einzigen!
Was wäre denn ein guter Zeitplan?
Eine betriebliche Ausbildung startet eigentlich immer im August oder September. Da geht man ja nicht nur in die Arbeit, sondern auch in die Berufsschule. Deshalb kann man nicht einfach im Januar oder Mai anfangen. Am besten hat man seinen Ausbildungsvertrag schon vor der Abschlussprüfung an der Schule in der Tasche. Eine Ausbildung dauert dann meist drei Jahre, seltener zwei. Auch ein duales Studium dauert meist drei Jahre. Bei einem Hochschulstudium hängt das stark vom Fach ab.
Und wenn ich den Start verpasst habe?
Einige haben ja auch den Wunsch, erstmal zu reisen oder sich auszuruhen. Dann können sie das restliche Jahr z.B. gut mit Berufsorientierungs-Praktika nutzen. Wir helfen auch gerne bei der Suche. Für andere ist ein FSJ (Freiwilliges Soziales Jahr) oder ein BFD (Bundes Freiwilligen Dienst) eine gute Sache.
Aktuelle Trends
Kann man denn auch ohne Ausbildung anfangen zu arbeiten?
Klar. Jeder kann einen Helferjob annehmen. Aber langfristig gesehen ist es immer besser eine Ausbildung oder ein Studium abzuschließen. Statistiken sagen, dass man dann weniger häufig von Arbeitslosigkeit bedroht ist und langfristig tendentiell mehr verdient, selbst wenn man später seinen Beruf nochmal wechseln möchte.
Was ist jungen Leuten heutzutage wichtig bei der Berufswahl?
Einige möchten gerne möglichst schnell möglichst viel Geld verdienen. Aber auch die Freizeit hat einen hohen Stellenwert. Die meisten achten auf eine gute Work-Life-Balance. Manche Arbeitgeber locken auch mit zusätzlichen Gimmicks wie dem Führerschein, einem morgendlichen Abholservice von daheim, Arbeitskleidung oder einem Dienst-Tablet.
Welche Ausbildungen gibt es bei uns in Stadt und Landkreis Rosenheim?
Eigentlich fast alles. Naja, bis auf Meeresbiologe vielleicht... Aber im Bereich Gesundheit oder HoGa (also Hotel und Gaststätten) gibt es hier eine besonders große Auswahl an Berufen. Aktuell sind auch viele Stellen im Verkauf frei. Auf jeden Fall kann man sagen: im Moment gibt es deutlich mehr Ausbildungsplätze als Azubis.
Helfen Sie auch Menschen mit Behinderung, einen Job zu finden?
Natürlich! Da finden wir oft ganz individuelle Lösungen, je nachdem was gebraucht wird: ein barrierefreier Zugang zum Arbeitsplatz, technische Hilfsmittel, Förderunterricht, usw.
Und wenn ich mir nicht sicher bin, ob und was ich studieren kann?
Viele Hochschulen haben dafür online Studien-Orientierungstests im Programm. Eine gute Übersicht findet man im OSA Portal.
Bewerbungs-Tipps
Haben Sie auch Tipps für Bewerbungen? Was sind z.B. fails, die man vermeiden sollte?
Also bei der schriftlichen Bewerbung fällt mir da gleich mal KI ein. Wer seine Bewerbung von einer KI schreiben lässt, läuft Gefahr, dass es nicht mehr authentisch wirkt. Der Betrieb sucht ja einen Menschen und keinen Roboter. Man sollte auch nicht ein- und daselbe Anschreiben an mehrere Betriebe schicken, sondern immer mit einbringen, warum man sich für genau diese Firma interessiert. In den Lebenslauf kann man Praktika, ehrenamtliches Engagement und Hobbies reinschreiben.
Und wenn man zum Bewerbungsgespräch eingeladen wird?
Darauf kann man sich vorbereiten. Man sollte Antworten wissen auf die Fragen: Wer bin ich? Was interessiert mich? Und: Was sind meine Stärken und Schwächen? Aber man sollte auch wissen: Wo bin ich hier? Was weiß ich schon über diesen Betrieb? Ein Bewerbungsgespräch ist keine Prüfung. Es geht darum, ob jemand ins Team passt. Deshalb sollte man ehrlich sein. Klassische Fragen sind z.B. Wie gehe ich mit Konflikten um? Wie reagiere ich, wenn ich einen Fehler gemacht habe? Und man sollte immer höflich sein und nachfragen, wenn man etwas nicht verstanden hat. Gute Tipps für Bewerbungen findet man auch bei Planet-Beruf.
Und ihr ganz persönlicher Tipp für die Berufswahl?
Man sollte sich schon klar sein, dass Arbeiten eine neue Welt ist. Da macht selten immer alles nur Spaß. Aber wichtig fände ich schon, dass das Positive überwiegt! Und: Im Internet verliert man leicht den Überblick. Anstatt zu googlen, kommt lieber zu uns in die Berufsberatung!