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Foto: Sieben Jugendliche und zwei Erwachsene in Tracht mit zwei Rosenheim-Flaggen auf einer Bühne

Die Rosenheimer Delegation des YPAC | Foto: YPAC-Parlamentsfotografen

Artikel von Laura
Bereich
Politik
Veröffentlicht
25.04.2023

Mitreden über die Zukunft der Alpen

Die Sonne kriecht langsam über den Bergkamm und beleuchtet das Panorama der Allgäuer Alpen. Schon seit einiger Zeit sitzen Menschen in Blazer, Stoffhosen und Lederschuhen in Tagungsräumen und diskutieren auf Englisch über Segregation in urbanen Gebieten, Reduzierung der Abhängigkeit von Tourismus oder Wassermanagement. Ihre Tage sind von morgens bis abends durchgetaktet, Sitzungen reihen sich an Diskussionsrunden. Das Ungewöhnliche? Alle Politiker*innen gehen noch zur Schule und sind jünger als 19 Jahre, denn sie sind Delegierte des 17. Jugendparlaments zur Alpenkonvention, kurz YPAC, das vom 6.3. bis zum 10.3.2023 in Sonthofen getagt hat. Auch ich war als Delegierte des Karolinen-Gymnasiums Rosenheim dabei und werde berichten, was genau das YPAC ist, welche Forderungen schließlich vom Parlament verabschiedet wurden und wie nun der Weg zur Umsetzung aussieht.

Was ist das YPAC?

Was verbirgt sich nun hinter der etwas kryptischen Abkürzung YPAC? Sie steht für „Youth Parliament to the Alpine Convention“, auf Deutsch „Jugendparlament zur Alpenkonvention“. Sehen wir uns den Namen einmal Buchstabe für Buchstabe an: Zunächst handelt es sich um ein Jugendparlament (Y+P), also ein Forum, in dem Jugendliche politisch arbeiten können. Die Alpenkonvention (A+C) ist ein 1991 zwischen den sieben Alpenstaaten Slowenien, Italien, Österreich, Deutschland, Liechtenstein, Schweiz und Frankreich geschlossener Vertrag zur nachhaltigen Entwicklung der Alpen. Entsprechend arbeiten die 80 Nachwuchspolitiker*innen aus dem ganzen Alpenraum während der jährlichen Sitzungswoche intensiv an einem politischen Thema mit Bezug zur Alpenregion, in diesem Jahr „Lebensqualität in den Alpen“. Innerhalb dieses Rahmenthemas lag ein besonderer Fokus auf den vier Unterthemen Tourismus, gesellschaftliches Zusammenleben, Umweltherausforderungen und kulturelles Leben, die jeweils von einem Komitee bearbeitet wurden. Da das Karolinen-Gymnasium Rosenheim eine von zehn teilnehmenden Schulen ist, durfte auch eine siebenköpfige Rosenheimer Delegation mitdiskutieren. Die Parlamentssprache ist aufgrund der internationalen Teilnehmenden Englisch, was zwar eine Herausforderung ist, jedoch auch eine wertvolle Möglichkeit bietet, die Englischkenntnisse aus der Schule praktisch anzuwenden und so mit Jugendlichen aus anderen Ländern ins Gespräch zu kommen.

Was macht das YPAC?

Die Arbeitsweise des YPAC gleicht dabei der realer Parlamente: Nachdem die Nachwuchspolitiker*innen die wichtigsten Probleme identifiziert hatten, wurden Lösungsideen gesammelt und eingehend auf Wirksamkeit und Umsetzbarkeit geprüft. Die besten Vorschläge wurden anschließend in kleinen Gruppen ausformuliert und als Antrag an die Generalversammlung gestellt. Die 80 Teilnehmenden diskutierten dort – natürlich wie immer in Formal Dress – mehrere Stunden darüber und wählten schließlich acht von zwölf zu Forderungen an die Politik.

Die Pressegruppe berichtete täglich über den Stand der Arbeit und das Rahmenprogramm in der parlamentseigenen Zeitung „Flying Facts“.

 

Nach dem Prinzip „Work hard, play hard“ standen zudem jeden Abend Aktivitäten wie Karaoke auf dem Programm.

 

Foto: Viele Jugendliche in schicker Kleidung sitzen an langen Tischen
Tagsüber lange Sitzungen... | Foto: YPAC-Parlamentsfotografen
Foto: Feiernde Jugendliche werfen einen Jungen hoch
...und abends Party! | Foto: YPAC-Parlamentsfotografen

Das sind die Ergebnisse

From Chamonix to Maribor: An Animal Interrail

 

Die Umwelt steht vor dem Problem der immer weiter zunehmenden Zersiedelung durch Straßen und Wohngebiete, sodass die Lebensräume von Tieren stetig kleiner werden. Grünbrücken für Tiere über die ganze Alpenregion hinweg (die im Titel erwähnten Städte Chamonix und Maribor stehen dabei für die gesamte Ausdehnung der Alpen von Ost nach West) sollen zum Schutz von Wildtieren und zum Erhalt der Biodiversität beitragen.

 

Improving the Alps One Message at a Time

 

Die Alpenregion ist sehr attraktiv für Tourist*innen, doch viele wissen nicht, wie man sich dort richtig verhält. Eine SMS-Nachricht der Alpenkonvention an alle Menschen, die die alpine Region bereisen, soll das Bewusstsein für die Erhaltung unserer Umwelt im Alpenraum erweitern.

 

Promoting Local Products

 

Regionale Produkte werden häufig durch importierte verdrängt, was wegen der langen Transportwege schädlich für die Umwelt ist und die Existenzgrundlage lokaler Produzent*innen gefährdet. Der Verkauf regionaler Produkte soll gefördert werden durch die Einführung eines alpenweiten Markenzeichens und durch eine bessere Verbindung von Märkten in den Städten mit den Erzeuger*innen auf dem Land.

 

Changing through Exchanging

 

Eine demokratische Zivilgesellschaft braucht einen öffentlichen, sachlichen Diskurs und Offenheit für andere Meinungen. Deshalb soll das gesellschaftliche Zusammenleben durch die Förderung von Debattierstunden an den Schulen verbessert werden.

 

A Ticket to Experience the Alps

 

Tourismus konzentriert sich häufig auf wenige, bekannte Attraktionen. Ein Tagesticket für ÖPNV und regionalen Museen soll allen Generationen von Tourist*innen den Besuch von unbekannteren Sehenswürdigkeiten schmackhaft machen und damit auch zur Besucherlenkung beitragen und Massentourismus vorbeugen.

 

Creating Common Ground through Cultural Hubs

 

Die Bereitstellung einer gemeinsamen Veranstaltungsplattform für alle Bürger*innen soll die Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen erleichtern und damit zu einem Feuerwerk der Kreativität führen.

 

Services to Revive Traditions

 

Um mehr kulturelles Engagement zu erreichen, sollen junge Leute einen freiwilligen kulturellen Dienst leisten können, der sie stärker in Verbindung zum kulturellen Leben ihrer Region bringt. Dafür erhalten sie auch eine Art Kulturbonus, mit dem sie das kulturelle Angebot vergünstigt nutzen können.

 

Let’s Make Culture More Accessible

Es besteht ein großer Mangel an kulturellen Veranstaltungen auf dem Land. Ein Online-Netzwerk soll Künstler*innen und Veranstalter*innen zusammenbringen und so den Zugang zu Kunst und Kultur für alle einfacher machen. Außerdem werden die Tickets für die so vermittelten Veranstaltungen über die Plattform verkauft, um Kultur für Besucher*innen möglichst niederschwellig zu gestalten.

 

 

Mit diesen Lösungsvorschlägen wollen die Jugendlichen eine bessere Lebensqualität für alle im Alpenraum erreichen: Menschen und Tiere, Siedlungsgebiete und Natur, Stadt und Land. Mit Vorschlägen wie Debattierstunden und kulturellen Diensten wird der gesellschaftlichen Spaltung entgegengewirkt, während Grünbrücken für Tiere und Nachrichten zum richtigen Verhalten in den Alpen etwas zum Umweltschutz beitragen.

Was passiert jetzt?

Um ihre Wirkung tatsächlich entfalten zu können, müssen die Maßnahmen natürlich auch in die Realität umgesetzt werden. Deshalb wurden schon am letzten Tag der Sitzungswoche Lokal- und Landespolitiker*innen sowie Vertreter*innen von Umweltverbänden zu einem „Public Market“ eingeladen. Dabei gab es die Möglichkeit, miteinander ins Gespräch zu kommen und von erfahrenen Politiker*innen Feedback zu den Forderungen und deren Umsetzbarkeit zu erhalten.

 

Die Rosenheimer Delegation hat nun am Mittwoch, den 26. April 2023 den Rosenheimer Stadtrat besucht, um das Format des YPAC und ihre Arbeit der Lokalpolitik vorzustellen. Viele Stadträt*innen zeigten Interesse, sodass man auf eine Umsetzung zumindest einiger Punkte in Rosenheim hoffen darf!

 

Foto: Sechs Jugendliche in schicker Kleidung und einige Stadträte
Die Rosenheimer Delegation im Stadtrat | Foto: Friederike Fimm

 

 

Auch im nächsten Jahr findet eine Sitzungswoche in Kamnik, Slowenien, statt, und 2025 kommt das YPAC dann schließlich nach Rosenheim! Man kann schon gespannt sein, welche Ideen die engagierten Jugendlichen diesmal für eine nachhaltige Zukunft der Alpen erarbeiten, doch eins ist sicher: Mitreden lohnt sich immer!

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