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Foto von einer Videokonferenz mit Kachel-Bildern von vier jungen Menschen, die versuchen ihre Hände wie bei einem High Five an den Kachelkanten aneinanderzulegen

High Five mit Helene Reiner | Foto: aROund

Interview von Team aROund, Noemi, Laura
Bereich
Wissen
Veröffentlicht
25.04.2023

Nachrichten von der Couch

Es gibt eine WG in München, in der an einem erfolgreichen Instagram-Kanal gearbeitet wird. Junge Menschen präsentieren aktuelle Nachrichten etwas anders, nämlich kurz und richtig gut erklärt: Nachrichten zum Verstehen, zum Mitreden und mit Spaßfaktor. Ihren Kanal nennen sie die "News-WG"!

"Unser Anspruch ist: Jede und jeder soll unsere Nachrichten verstehen. Auch wenn er oder sie bisher noch nichts über das Thema wusste", sagt Helene Reiner, eine der Hosts, im aROund-Interview mit Jonas, Laura und Noemi. Wir treffen sie online. Helene bietet uns gleich das Du an und führt uns per Tablet einmal durch die ganze Wohnung.

 
 

Wohnt ihr wirklich in der WG?
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Im Wohnzimmer vor der gelben Couch stehen Hausschlappen, in der Küche läuft der Geschirrspüler. Das Zimmer von Helenes Kollege Max Osenstätter wirkt ziemlich leer und verlassen - kein Wunder, denn er ist gerade auf Weltreise. Es kommt eher selten vor, dass die vier Bewohner*innen der News-WG tatsächlich hier übernachten. So richtig zusammen wohnen tun sie also nicht. "Ne, zum Glück nicht...", meint Helene und lacht, "...ansonsten würden wir uns wohl die Köpfe einhauen." Die WG ist also in erster Linie ihr Arbeitsplatz - wenn auch ein sehr gemütlicher. Helenes "Mitbewohner" sind aktuell Maxi Pichlmeier und Minusch Afonso.

 

Foto: Ein junger Mann und zwei junge Frauen (die Hosts der News-WG) auf einer gelben Couch schauen fröhlich in ein Handy und machen ein Selfie, in den Händen hält eine ein gerahmtes Foto von einem jungen Mann
Die Hosts: Maxi, Helene, Minousch und auf dem Foto Max | Foto: News-WG

Der lustigste Moment
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Zurück im Wohnzimmer öffnet Helene für uns ein paar Schubladen und lässt uns hineinschauen. Der Inhalt: Eine-Trump-Perrücke, eine Gummi-Maske mit dem Gesicht von Angela Merkel, eine Papp-Maske von Joe Biden, außerdem Luftballons, Wunderkerzen und - wie Helene ihn nennt - ihr bunter "Disco-Taschenrechner". Während wir uns unterhalten, hören wir, wie sich plötzlich ein Schlüssel in der Wohnungstüre dreht. Maxi ist kurz vorbeigekommen, um sich seinen Koffer zu holen, weil er nach Berlin reist. Sehr lustig: Maxi versucht, sich seinen Koffer möglichst unauffällig aus Helenes Hintergrund zu angeln, doch er ist voll im Bild. :o)

 

Foto von der Videokonferenz: im Vordergrund Helene und hinter ihr Maxi, der gebückt einen Koffer zur Seite zieht

Wer hatte die Idee für den Insta-Kanal?
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Bei Instagram hat die News-WG 156.000 Follower. Helene findet, dass sie eine unheimlich tolle Community haben und ist dafür sehr dankbar. In den Chats und per Nachricht werden ihnen auch immer wieder Themen vorgeschlagen, die sie dann im Team besprechen und zum Teil auch umsetzen. Die Seite der News-WG ist auf den ersten Blick kaum von denen populärer Influencer zu unterscheiden: Collagen, Icons und Memes. Lediglich die Inhalte sind anders, denn es geht vor allem um aktuelle und politische Themen. Die Idee zu einem Nachrichten-Format auf Instagram, das vor allem junge Menschen ansprechen sollte, kam Helene Reiner während ihres Volontariats beim Bayerischen Rundfunk zusammen mit anderen Volontär*innen. Nach anfänglicher Skepsis gab der BR der Idee eine Chance und mietete die Wohnung an, sodass von hier seit 2018 täglich „instagrammable“ über politische Themen berichtet wird. 

 

 

Wie lange braucht ihr für eure Inhalte?
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Circa eineinhalb Arbeitstage fließen in einen Post, ein Reel oder eine Story - mal mehr mal weniger, je nach Thema. Begonnen wird stets mit einer ausführlichen und gründlichen Recherche, denn laut Helene ist es unmöglich, ein Thema kurz und verständlich zu erklären, wenn man es selbst nicht durchdrungen hat. Dafür hat die News-WG als Teil des BR Zugriff auf die Agenturmeldungen von dpa (Deutsche Presseagentur) und AFP (Agence France-Presse), das Korrespondentennetz der ARD für internationale Themen und den Recherchedesk des BR für Archivartikel.

 

Es ist aber auch viel Kreativität gefordert, wie basteln, Kuchen backen, in andere Rollen schlüpfen und Theater spielen. Das mag Helene mit am liebsten an ihrem Job: „Das macht zumindest mehr Spaß, als sich durch komplizierte Gesetzestexte oder Behördensprech durchzuackern. Wieso können die nicht so schreiben, dass das ein normaler Mensch versteht?" Und es ärgert sie, wenn eigentlich interessierte Menschen von Politik abgeschreckt werden, nur weil die Inhalte schlecht kommuniziert sind.

 

 

Macht ihr das alles alleine?
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Im Team der News-WG arbeiten insgesamt 16 Leute, allerdings nicht gleichzeitig. Für jeden Inhalt gibt es einen Host, der durch eine/n Redakteur*in unterstützt wird. Helene beschreibt diese Zusammenarbeit wie ein Tandem. Wer vorne sitzt, trägt die Hauptverantwortung und von hinten gibt’s Unterstützung bei den Recherchen, bei der Suche nach guten Ideen und eine zweite Meinung. Auf diese Weise wird anschließend eine Art Drehbuch geschrieben. Obwohl also die Aufmachung unkonventionell und jung wirkt, ist die Arbeit dahinter journalistisches Handwerk wie in allen anderen Medien auch. Ein Mensch ist außerdem täglich für das Community Management verantwortlich. "Die Leute sind manchmal ganz überrascht, dass wir ihre Nachrichten und Kommentare wirklich lesen und beantworten. Aber wir finden das total wichtig!"


Wie grenzt ihr euch von Themen ab, die einen runterziehen?
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Auch unzensierte Bilder von Leichen zu sehen oder mit Leuten, die in einem Bunker sitzen und um ihr Leben fürchten, zu reden gehört zu dem journalistischen Beruf dazu. Natürlich geht das an einem nicht spurlos vorbei gesteht Helene, jedoch werde ja niemand mit derartigen Themen alleine gelassen. "Ich will nicht sagen, dass man abstumpft - das nicht - aber mit der Zeit lernt man, eine gewisse journalistische Distanz zu wahren."

 

  

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