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Meinung von Stefanie S.
Bereich
Politik
Veröffentlicht
30.05.2025

Mehr als bunte Paraden – Der Kampf für queere Rechte ist nicht vorbei

Tanzende Fahnen, farbenfrohe Kleidung und Musik - das stellen sich die Meisten vor, wenn sie an den CSD denken. Natürlich ist auch das ein großer Bestandteil davon, doch dabei wird oft vergessen, was der eigentliche Kern der Pride Paraden ist. Anlässlich des Pride Months, der jährlich den ganzen Juni lang stattfindet, möchte ich als Teil der queeren Community in diesem Text die wahre Bedeutung dessen teilen und klarmachen, wieso diese Veranstaltungen heutzutage immer noch so wichtig sind.

Pride - Was ist das genau?

Jedes Jahr findet im Juni weltweit der Pride Month statt. Pride bedeutet Stolz – und genau darum geht es: Menschen sollen sich nicht verstecken oder schämen, sondern selbstbewusst so leben dürfen, wie sie sind. In vielen Städten finden rund um den Juni Pride Paraden statt, genauer gesagt der Christopher Street Day (CSD).


Diese Feierlichkeiten sehen oft sehr bunt und fröhlich aus, doch dabei wird leider oft der eigentliche Grund für die Veranstaltungen vergessen: der Kampf um die Rechte für die LGBTQIA+ Community. Zudem soll daran erinnert werden, wie die queere Community damals begonnen hat, sich gegen Diskriminierung zu wehren – besonders im Zusammenhang mit Stonewall:

 
„The Stonewall Inn“ befand sich in der Christopher Street in New York und entwickelte sich in den 1960er Jahren zu einer Bar, die sich explizit an Menschen aus der LGBTQIA+ Community richtete. Viele Menschen hofften, dort einen sicheren Zufluchtsort zu finden. Doch weil zu dieser Zeit Homosexualität als Straftat galt, waren Polizeirazzien hier nichts Ungewöhnliches.

Ein entscheidender Wendepunkt ereignete sich in der Nacht vom 27. auf den 28. Juni 1969. Es war erneut eine Polizeimaßnahme geplant, doch die Besucher des Stonewall Inns entschieden sich an diesem Tag erstmals Widerstand zu leisten und zu demonstrieren. Menschen begannen zu randalieren und versuchten, die Polizei zurückzudrängen.

Ein Jahr später kamen zahlreiche Homosexuelle zusammen, um sich an dieses Ereignis zu erinnern. Dies war die Geburtsstunde des Christopher Street Day und führte zu vielen weiteren Aktionen zur Erkämpfung von Rechten für die queere Community.

„Wozu noch CSD – ihr habt doch alles erreicht?“

Diese Frage hört man oft. Doch sie stellt viele reale Probleme in den Schatten. Denn Pride ist auch heute noch aus gutem Grund wichtig.

 

Schon ein schneller Blick in die Nachrichten oder eine kurze Recherche genügt, um zu erkennen: Noch ist längst nicht alles erreicht, denn von echter Gleichstellung sind wir weit entfernt. Das zeigt sich beispielsweise in der Umsetzung des Selbstbestimmungsgesetzes, den Lücken der Asyl- und Familienpolitik und an der zunehmenden politischen Hetze, die vor allem von rechten Parteien und Gruppierungen ausgeht. Doch auch aus anderen Richtungen sind queerfeindliche Äußerungen kein Einzelfall.

 

Auch in der Gesellschaft gibt es einige Probleme. Dass queerfeindliche Gewalt in letzter Zeit immer mehr zunimmt, ist kein Geheimnis. Viele medizinische und therapeutische Fachkräfte sind bis heute unzureichend für die Anliegen queerer Menschen sensibilisiert und fortgebildet. „Schwul“ wird auf dem Schulhof noch immer als Beleidigung verwendet und belächelt, denn im Unterricht wird wenig bis gar nicht über dieses Thema aufgeklärt.

 

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Schon ein einfacher Spaziergang Hand in Hand reicht, um irritierte Blicke auf sich zu ziehen. Dann noch ein Kuss? Und schon läuft man Gefahr, angestarrt oder gar beschimpft zu werden. In manchen Regionen kann man fast schon froh sein, wenn es „nur“ bei einem Spruch wie „Bah, Lesben!“ bleibt.

 

Das alleine ist die Lage in Deutschland, wo Homosexualität eigentlich legal ist. In über 60 Staaten wird Homosexualität allerdings noch strafrechtlich verfolgt, in 12 Ländern droht sogar die Todesstrafe.

Klar ist also: Der Kampf ist noch nicht vorbei – und das Ziel längst nicht erreicht.

 

 

Die bunten Proteste tragen außerdem dazu bei, dass queere Menschen gesehen werden.

Besonders Jugendlichen, die in ihrem sozialen Umfeld auf viel Ablehnung treffen, hilft dies sehr. Denn die Paraden zeigen: Du bist gut so, wie du bist. Für Viele könnte dieser Raum der einzige Ort sein, wo sie wirklich ihr wahres Ich entfalten können.

 


Vermehrt hört man Stimmen, die sich über die Lautstärke und die schrille, farbenfrohe Inszenierung beschweren. Dabei sollte man sich jedoch fragen: Wer ist das, der diese Beschwerden äußert? Erfahrungsgemäß sind dies nämlich oft solche, die sich generell von queeren Menschen gestört fühlen. Egal, ob laut und bunt auf einer Parade oder still und unauffällig am Straßenrand.

Man darf nicht vergessen, dass der Christopher Street Day jährlich auch eine Erinnerung an die Stonewall-Aufstände darstellt.

Das waren laute Proteste, keine stillen Bitten, denn diese hätten nicht geholfen.

Meinungen aus der Community

Mir war es wichtig, so viele queere Stimmen wie möglich in diesem Beitrag zu Wort kommen zu lassen. Deshalb habe ich im Internet Personen aus der Community  befragt, was sie persönlich vom Pride Month halten. 

 

 

"Es gibt uns und wir sind viele. Gerade jetzt ist es wichtig, allen zu zeigen, dass keiner allein ist und es für jeden einen Platz in unserer Gesellschaft gibt und geben muss. Die Welt ist kein grau-brauner Einheitsbrei, auch wenn manche das gerne so hätten."

 

 

"CSDs und Pride Month sind wichtig, um denen, die uns nicht hier haben wollen, ins Gesicht zu spucken und zu sagen: "Wir sind hier, wir sind queer, ihr kriegt uns nicht weg, Deal with it." Wir dürfen auch die Wurzeln nicht vergessen: Stonewall war nicht Party, Musik, Alkohol und Feiern, sondern Gewalt, Pflastersteine und Molotows. Die Gesellschaft akzeptiert uns doch sowieso niemals, deshalb müssen wir auch nicht uns selbst in Ketten legen, um möglichst nett und lieb und gesellschaftskonform auszusehen."

 

 

"Wenn jemand – womöglich in böser Absicht – fragt: „Warum braucht ihr eigentlich noch Pride?“, dann antworte ich oft: „Wegen Menschen wie dir. Wenn ihr endlich eure Hetze sein lasst, brauchen wir auch keinen Pride mehr.“"

 

 

"Uns öffentlich sichtbar zu zeigen ist immer noch wichtig, weil es immer noch viele Menschen gibt, die in ihrer eigenen Bubble ganz ohne Kontakt zu queeren Menschen leben. Und einige von diesen Menschen reden sich dann ein, sie wären ja "normal" und alle, die anders sind, sind komisch oder eh so wenige, dass sie egal sind."

 

 

Auch eine Person aus der Community kritisierte die heutige Form der Pride-Feierlichkeiten:
"Ich finde es wichtig, aber nicht in der Form, wie sie in manchen Städten abgehalten wird. Es sollte keine Sex- und Fetisch Veranstaltung sein. Es ist nicht nur unnötig, damit zieht man auch unnötig Hass und Häme auf sich. Und es ist zwar schön, dass man damit seine Freiheit hier in Deutschland/Europa feiern kann. Sendet aber ganz falsche Signale in homophoben Ländern, die daraus ein Strick für die LGBTQ+ Community dreht."

 

Dieser Aussage haben andere Queere folgendes entgegnet:

"Wer uns deswegen Grundrechte wegnehmen will, wollte das sowieso. Es gibt keinen bigotten Menschen auf der Welt, der sagt "Ach, jetzt ziehen sie sich alle von Kopf bis Fuß an auf dem CSD, jetzt will ich die doch nicht mehr tot sehen"."

 

"Muss überhaupt irgendwas sein? Für Rechte ist die reine Existenz queerer Menschen schon sexuell und anstößig, man kann es nicht richtig machen."

Events in der Nähe

Bist du selbst queer und suchst einen Safe Space in deiner Nähe?

Oder zählst du dich nicht zur LGBTQIA+ Community, willst dich aber trotzdem für mehr Vielfalt engagieren?

Hier findest du Events zum Pride Month in der Nähe von Rosenheim!

 

Samstag, 31. Mai 2025 - CSD Rosenheim

Samstag, 31. Mai 2025 - CSD Afterparty in der Asta Kneipe

Dienstag, 3. Juni 2025 - Queerer Stammtisch in der Asta Kneipe

Samstag, 28. Juni 2025 - CSD München

Samstag, 12. Juli 2025 - CSD Traunstein

jeden zweiten Mittwoch - Queer Treff Rosenheim

 

Schau für weitere Veranstaltungstipps gerne mal im aROund-Eventkalender vorbei!

 

Sicheres Feiern auf dem CSD

Wie in diesem Beitrag bereits klargemacht wurde, gibt es viele Menschen, die der LGBTQIA+ Community Schaden zufügen möchten. Deshalb folgen hier (leider) ein paar Tipps, wie ihr euch vor queerfeindlicher Gewalt auf dem Hin- oder Rückweg zu den Veranstaltungen schützen könnt. 

 

1. Never walk alone

Suche dir eine Gruppe mit Leuten, denen du vertraust und geh zusammen mit ihnen zum CSD. So könnt ihr immer gegenseitig aufeinander achten. Am besten macht ihr einen Treffpunkt aus, an den ihr alle zurückkehrt, wenn ihr euch verliert. Außerdem kann es hilfreich sein, euren Live-Standort miteinander zu teilen.

 

2. Behalte einen klaren Kopf

Es ist wichtig, klar denken zu können, falls du in eine gefährliche Situation geraten würdest.

Dazu sollte man den Alkohol- und Drogenkonsum am besten unterlassen. Wenn du trotzdem trinken möchtest, ist es hilfreich, wenn wenigstens ein paar deiner Begleitpersonen nüchtern bleiben, damit sie im Notfall besser eingreifen können. 

 

3. An- und Abreise

Wenn man öffentliche Verkehrsmittel nutzt, um nach dem CSD nach Hause zu kommen, sucht man sich am besten eine Verbindung, bei der man mit seinen Begleitpersonen zusammenfahren kann. Falls das nicht möglich ist, teile erneut deinen Live-Standort und informiere deine Gruppe darüber, in welchem Bus oder Zug du sitzt und wann du voraussichtlich zu Hause ankommst.

Die Nummer des Heimwegtelefons findet man hier.

 

4. Informiere dich im Vorfeld

Schau dich vorab auf den Kanälen und Websites des CSDs deiner Stadt um. Oft findet man dort Informationen darüber, an wen man sich während des Events wenden kann, falls man Hilfe oder Unterstützung braucht. Gibt es ein Awarenessteam? Wo finde ich die OrdnerInnen? Gibt es bestimmte Verhaltensregeln?

 

5. Gefahrensituationen

Gehe nicht darauf ein, falls du provoziert wirst. Versuche stattdessen, Distanz aufzubauen und mache andere aufmerksam. Informiere die entsprechenden Ansprechpersonen der Veranstaltung. Das gilt natürlich auch, wenn du beobachtest, wie andere belästigt werden. Wähle im Notfall selbstverständlich die 110 und verständige die Polizei.

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