
Foto: Jonas G.
Nichts, was nicht zu hacken ist
Die Jugend hackt. Also, nicht wie Hollywood es uns beigebracht hat, sondern wie es ethische Hacker machen. Sie basteln und arbeiten an neuen Projekten! Das „Jugend hackt München 2021“ hat letztes Wochenende stattgefunden. 26 Jugendliche haben im Museum Brandhorst und in den Räumen der LMU an 4 verschiedenen Projekten gearbeitet. Aber wer sind diese Hacker:innen? Warum hacken sie und was sind ihre Erfahrungen mit dem Hacken? Ich habe mit 4 Teilnehmer:innen gesprochen und ihnen diese Fragen gestellt.
Julia
...ist 18 Jahre alt und kommt aus Landsberg am Lech. Sie ist bereits in einem Frühstudium für Informatik und interessiert sich für Technik seitdem sie 12 ist. Begeistert war sie vor allem von den Projekten der anderen Gruppen.
Was heißt für dich „hacken“?
Hacken heißt für mich, kreative Lösungen für Probleme zu finden.
Woran hast du dieses Wochenende gearbeitet?
Ich habe an einem virtuellen Code Museum mitgearbeitet und dort am Server Methoden programmiert, wie wir Code cool darstellen können, z.B. in ASCII Arts, also Bildern, die aus Textzeichen bestehen.
Wo sollte die Jugend unbedingt mithacken?
Überall! Wo denn nicht? Man kann immer etwas besser machen!
Was sollte hackbar sein, was noch nicht hackbar ist?
Gute Frage. Ich denke, vor allem sollten mehr Daten von Regierungen verfügbar sein. Damit könnte man wieder neue Sachen bauen, und sie würden das ganze System etwas transparenter machen.
Liv
...ist erst seit zwei Jahren aktiv bei Jugend hackt, hält aber jetzt schon Live-Interviews mit Menschen aus der Hacker- und Creator-Szene und moderiert schon erste Events in Berlin. Das Jugend hackt lockert für sie das typisch nerdige Bild der Hackerszene auf. Programmieren ist nicht nur für Männer und nicht nur ernst, sondern kann und soll auch Spaß machen.
Was heißt für dich „hacken“?
Wenn man sich ein bisschen mehr damit befasst, ist hacken eher kreative Problemlösung. Das kommt ja ganz häufig vor: es gibt ein Problem, und wie kann ich einen Weg drum rum finden? Und das existiert neben der Frage, ob Hacken legal oder illegal ist. Hacken hat damit eigentlich nichts zu tun.
Woran hast du dieses Wochenende gearbeitet?
Das Thema ist ja "Code and Culture", und ich habe mich mehr mit dem Kulturthema befasst. Ich fand es interessant, wie man Fotos und Videos manipulieren kann. In dem Projekt, wo ich mitgemacht habe, haben wir an einem Programm gearbeitet, mit dem man in Videokonferenzen bearbeitete Videos einbinden kann. Das heißt wir manipulieren das Video der eigenen Webcam. Das geht in die Richtung Filter und künstliche Glitsches und Artefakte, also Bildfehler, die das Bild soweit zerstören, dass es kaputt aussieht, aber immer noch angezeigt werden kann. So kann man (zumindest für sich selbst) eine Videokonferenz etwas spannender machen.
Wo sollte die Jugend unbedingt mithacken?
Es gibt deutlich zu wenig Repräsentation von jungen Leuten im Bundestag. Es gibt viele solche Planspiele, aber die bringen nichts, wenn die meisten Abgeordneten nach dem Motto „60+ weiße Männer“ sind. Hier sollten wir mehr hacken und uns mehr einbringen dürfen und vielleicht neue Wege für die Politik finden.
Was sollte hackbar sein, was noch nicht hackbar ist?
Sollte man alles hacken? Besonders bei psychischen Sachen find ich es schwierig, Leute zu konditionieren oder so etwas. Das finde ich ethisch kritisch. Hier muss man auch die Ethik beachten, es muss nicht alles gehackt werden, was gehackt werden kann. Zum Beispiel: „Private Daten schützen, öffentliche Daten nutzen!“
Jannik
...kommt von etwas weiter weg. Er ist von Frankfurt aus 4 Stunden mit dem Zug nach München gereist. Bisher war er Teilnehmer, Mentor und sogar schon Organisator eines Online-Hackathons. Beim Jugend hackt nimmt er vor allem die neuen Connections mit den anderen Teilnehmer:innen mit. Technisch hat er auch einiges neues gelernt.
Was heißt für dich „hacken“?
Es gibt diese enge Definition, die sich nur auf Computer bezieht. Für mich bedeutet es aber, etwas für einen anderen Zweck verwenden, einen alternativen Ansatz nutzen, was Kreatives machen. Und das geht für mich über die Technik hinaus bis hin zur Gesellschaft. Zum Beispiel was die Hedonistische Internationale gemacht hat, das ist eine relativ föderal organisierte Aktivistengruppe. Bei der ersten Öffnungsveranstaltung eines Kaufhauses haben sie eine Demo veranstaltet, woraufhin die Öffnungsveranstaltung verschoben wurde. Beim zweiten Mal hat die Aktivistengruppe angekündigt nicht zu kommen, trotzdem kam es zu einem hohen Polizeiaufkommen. Sie haben also so gesehen die Polizei gehackt.
Woran hast du dieses Wochenende gearbeitet?
Ich hab relativ viel darauf geschaut, in welche Richtung das Projekt geht, auch etwas Pair Programming, also zusammen mit anderen Teilnehmer:innen programmiert. Vor allem aber auch mit Leuten entspannt, rausgehen und auch eine gute Zeit haben. Das ist das wichtigste. Man sitzt nicht nur am Computer. Ich selbst hab beim Projekt von Liv mitgearbeitet.
Wo sollte die Jugend unbedingt mithacken?
Ich finde man sollte versuchen, Nachrichten zu hacken. Ich finde z.B. in der Tagesschau werden viele Themen behandelt, die für die Jüngeren gar nicht relevant sind und hier sollte man gezielt Nachrichten generieren. Da braucht es wahrscheinlich eine große Menge an Leuten, aber ich glaube da kann man viel erreichen. Und das ist ja auch wieder etwas nicht Technisches. Hier eher die Gesellschaft hacken.
Was sollte hackbar sein, was noch nicht hackbar ist?
Mir fällt nichts ein, was nicht hackbar ist. Natürlich ist nicht alles einfach zu hacken. Letztlich kann man von Geräten bis zu Politik oder einfach die Ernährung hacken und neue Geschmäcker erschaffen. Es gibt Sachen, die man nicht hacken soll. Aber es kommt darauf an, wie schwer etwas zu hacken ist. Zum Beispiel Lobbyismus, es kommt viel darauf an, wer am meisten Geld hat, und gegen Geld und gegen Macht zu hacken ist immer noch sehr schwer.
Lee
...ist 14 Jahre alt, kommt aus München und ist eine Neueinsteigerin in der Informatik. Beim Jugend hackt war sie also das erste Mal dabei. Weiterhacken möchte sie ab jetzt auf jeden Fall!
Was heißt für dich „hacken“?
Ich dachte eigentlich, hacken ist immer so von wegen grüne Schrift, man hackt sich in irgendein System ein. Jetzt würde ich sagen, es geht mehr ums Programmieren, ums Erstellen. Mehr produzieren als zerstören.
Woran hast du dieses Wochenende gearbeitet?
Ich habe an verschiedenem mitgewirkt. Ich war mit beim virtuellen Code Museum, das man im Browser besuchen kann.
Wo sollte die Jugend unbedingt mithacken?
Ich glaube gerade meine Generation denkt schon sehr viel mit, und wenn wir uns ein bisschen mehr zusammenschließen und aktiver werden, könnten wir besser an aktuelle Probleme herangehen.
Die Projekte, in denen Julia, Liv, Jannik und Lee mitgearbeitet haben, findet ihr auf der Webseite von Jugend hackt. Dort könnt ihr euch auch nochmal die Präsentationen ansehen. Wer jetzt Lust zum Hacken bekommen hat, der muss leider noch bis nächstes Jahr warten. Dann könnt ihr euch aber für die nächsten Events auf der Webseite von Jugend hackt anmelden. Wer es nicht mehr erwarten kann, kann auch die Labs von Jugend hackt besuchen, die regelmäßig Workshops anbieten.