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Foto: Portrait eines jungen Mannes mit Kappe und Skijacke mit Sponsoren Logos und  vor grauem Hintergrund

Constantin Schmid | Foto: dsv

Interview von Melina
Bereich
Heimat
Veröffentlicht
23.08.2023

Telefonat mit einem Skispringer

"Skispringen ist wenn man auf dem Bauch mit Schlitten einen Hang runter fährt und halt den Schlitten wegnimmt." So beschreibt Constantin Schmid seinen Sport. Ich verfolge seine Springen schon seit einiger Zeit im Fernsehen und daher freue ich mich sehr, dass ich nun die Möglichkeit habe mit ihm zu sprechen und ihm einige Fragen zu stellen.

 

Früh übt sich

Constantin begann schon mit fünf Jahren in seinem Heimatort Oberaudorf mit dem Skispringen.

 

"Ein guter Freund von meinem Papa war selber Skispringer und kommt auch aus Oberaudorf. Sepp Heumann ist das, der war auch mehrfacher deutscher Meister. Seine Söhne sind im selben Alter wie ich und der, der genau mein Jahrgang ist, hat im selben Jahr mit Skispringen angefangen. So hat der Sepp unseren Verein ein bisschen neu wiederbelebt."

 

Damals war kaum Nachwuchs da, aber Constantin ist dabei geblieben.

 

"Mittlerweile haben wir wieder eine gute Vereinsstruktur mit ganz vielen Kindern." 

 

Seit der Saison 2017/18 ist Constantin Teil der deutschen Skisprung-Nationalmannschaft und er hat schon einiges erreicht. 

 

"Mein bisher größter sportlicher Erfolg war eigentlich die Bronze Medaille im Team in Peking. Ich bin auch noch Skiflug Vizeweltmeister im Team. Und beim Weltcupspringen bin ich mal dritter geworden."

 

Neben dem Skispringen arbeitet er beim Zoll, wo er meist repräsentative Aufgaben hat. Zum Beispiel war er das Gesicht einer Werbeaktion mit welcher der Zoll junge Menschen anwerben wollte.

Ich wollte von Constantin wissen, wie er sich bei seinem ersten Sprung von der großen Schanze gefühlt hat.

 

"Man startet ja nicht gleich von den großen Schanzen, sondern so bei K20. Das gibt im Grunde an, wie weit man von dieser Schanze springen kann, also ungefähr 20 Meter. Der erste Sprung von der nächsthöheren Schanze ist immer ganz besonders. Bei mir war es so: beim ersten Mal von der K125 in Oberstdorf  war das so ein bisschen ein mulmiges Bauchgefühl, aber sobald man losfährt, schaltet sich die Automatik ein. Eigentlich ist es geil! Es ist das, was man davor gemacht hat, nur schneller, weiter und höher."

 

Dann habe ich ihn gefragt, was ihm heute so durch den Kopf geht, wenn er kurz vorm Sprung ist.

 

"Heute ist es relativ technisch. Man sucht sich zwei drei Sachen raus, die man sich von der Korrektur vom Vortag oder dem Sprung davor aufgeschrieben hat und auf die konzentriert man sich. Und wenn ich unten lande dann kann ich die Checkliste abhaken, was habe ich geschafft. Im Weltcup versuche ich abzuschalten und den Sprung einfach zu genießen. Einfach die Automatik laufen lassen." 

 

Das klingt ja ganz anders als die Nervosität früher. Ich frage ihn, ob das denn gar nicht mehr vorkommt.

 

"Doch, das kommt schon noch vor aber nur noch beim Skifliegen. Das kann man nämlich nicht trainieren. Da der Sprung so groß wird, ist beim ersten Skiflug der Saison wieder so ein Gefühl da. Denn man weiß nicht genau, was kommt."

 

Was ist der Unterschied zwischen Skispringen und Skifliegen? 

 

"Von Skifliegen spricht man dann, wenn man über 200 Meter springen kann." 

Fernsehen vs. Realität

Ich habe Constantin auch ein paar Fragen zum Skispringen, wie man es im Fernsehen sieht, gestellt. In der Fernsehübertragung können die Zuschauer anhand einer grünen Linie sehen, wie weit der Skispringer springen muss, um die Führung zu übernehmen. Ich wollte wissen, ob die Athleten diese Linie auch sehen.

 

"Ja, die können wir seit ein paar Jahren auch sehen. Früher war das eine reine TV-Einblendung, aber mittlerweile hat man an den meisten Wettkampforten eine Laserlinie, die in den Hang projeziert wird. Die sehen wir auch." 

 

Wie bei den meisten Sportarten gibt es beim Skispringen Kommentatoren. Diese analysieren vor allem zwei Dinge: Den Wind und den Absprung. Ich habe Constantin daher gefragt, ob diese beiden Parameter wirklich so entscheidend sind.

 

"Der Wind ist unglaublich wichtig bei uns! Mal an einem Beispiel: Wenn ich jetzt 0,1 Meter pro Sekunde von vorne habe - bei uns heißt das Aufwind - kann ich wirklich 10 Meter weiter springen als mit 0,1 Meter pro Sekunde von hinten. Wenn man sehr sehr gut skispringt, kann man aber noch einiges ausgleichen. Beim Absprung kommt es immer drauf an: Zum einen natürlich auf die aktuelle Form und zum anderen auf die körperlichen Voraussetzungen. Für mich als großen Springer ist es wichtiger, den Tisch (Absprungspunkt) zu treffen wie für einen kleineren Springer. Wenn man gut in Form ist, kann man auch bei einem schlechten Absprung noch einiges ausgleichen." 

 

Wenn man den Skisprung Weltcup verfolgt, fällt einem auf, dass nahezu jedes Wochenende ein Wettbewerb stattfindet. Ich bin immer davon ausgegangen, dass die Athleten unter der Woche reisen und trainieren und daher lange von Zuhause weg sind. Aber laut Constantin ist das gar nicht so.

 

"Es ist meistens so, dass ich effektiv zu Hause bin von Montag bis meistens Donnerstag. Da ist dann Training und Regeneration angesagt, aber ich bin zumindest relativ regelmäßig Zuhause."  

Mit Anfang 20 zu Olympia

Constantin konnte 2022 an den Olympischen Winterspielen in Peking teilnehmen und das mit gerade einmal 22 Jahren. Ich habe ihn gefragt, wie das für ihn war.

 

"Die Olympischen Spiele waren bisher mit das größte Highlight! Ich bin dahingefahren als Letztnominierter, ich habs also grade noch so geschafft, mich zu qualifizieren. Ich hab mir so gedacht, 'jetzt ist´s eigentlich egal, du hast dein Ziel erreicht und bist dabei' und dann bin ich besser skigesprungen als das ganze Jahr davor. Das war so ein Traum, der in Erfüllung gegangen ist! Es war auch erfolgreich, ich habe eine Medaille im Team gemacht. Die eine negative Erfahrung war natürlich das Mixed Springen (ein Teamspringen bei dem zwei Männer und zwei Frauen springen) wo leider die Katharina Althaus disqualifiziert worden ist und das deutsche Team die zweite Runde nicht erreicht hat. Das war bitter, da habe ich mich unglaublich aufgeregt vor Ort. Aber das gehört dazu und das nehme ich als Lektion mit. Aber an sich ein sehr positives Fazit."

Daheim ist's am schönsten

Da Constantin als Skispringer viel reist und viele verschiedene Orte zu sehen bekommt, stellt sich mir die Frage, was ihn denn heute noch mit seiner Heimat, die ja gleichzeitig auch meine ist verbindet. 

 

"Meine Heimat ist sehr wichtig für mich. Ich mag den Landkreis Rosenheim und liebe Oberaudorf und Niederaudorf, weil ich da aufgewachsen bin. Ich mag die Vielfalt und auch die Anbindung vom Landkreis. Ich kann innerhalb einer Stunde an viele Orte fahren, zum Beispiel nach München, Innsbruck oder Salzburg. Wenn ich in die Natur will, kann ich bei mir zur Tür rausgehen und jeden Berg hochgehen oder radeln. Wenn ich nicht so viel Trubel aber trotzdem Stadt haben will, kann ich nach Rosenheim. Die Möglichkeiten sind einfach sehr groß und deswegen bin ich hier gerne zuhause." 

 

Wenn er unseren Landkreis so gern hat, dann hat Constantin doch bestimmt auch einen (oder mehrere) Lieblingsorte im Landkreis Rosenheim, oder? 

 

"Da gibts ganz viele! Ich bin gerne am Kranzhorn oben, weil das von mir aus so nah ist. Und ganz ganz gerne mag ich die Oberaudorfer Almen."

Was bringt die Zukunft?

Constantins Karriere im Skispringen ist ja schon erfolgreich. Deswegen wollte ich wissen was er denn in Zukunft noch erreichen will. 

 

"Im Endeffekt ist das Ziel von jedem Sportler, dass er irgendwann der Beste in seinem Sport wird und das ist natürlich auch mein langfristiges Ziel. Kurzfristig möchte ich mich einfach weiterentwickeln auf allen Ebenen, nächstes Jahr bei der Skiflug-WM erfolgreich sein und in der kommenden Saison öfter in die Top 5 springen. "

 

Bis zum Ende seiner aktiven Karriere dauert es sicher noch ein bisschen, trotzdem habe ich gefragt ob er schon Pläne für nach dem Skispringen hat. 

 

"Ich habe relative viele Möglichkeiten. Meine Eltern haben zuhause ein Hotel. Das könnte ich übernehmen. Eine andere Möglichkeit wäre, Sportjournalismus zu betreiben, ich studiere im Moment Medienmanagement. Mal schauen was wird, aber konkrete Gedanken habe ich mir noch nicht gemacht."

Constantins Message für euch

"Man soll sich nicht so viel Stress machen, schon früh erfolgreich sein zu müssen. Genießt das Leben und die schönen Dinge! Man hat sehr lange Zeit, Karriere zu machen." 

 

Und mit einem kleinen Schmunzeln fügt er noch hinzu: 

 

"Und natürlich Sport machen, das ist ganz wichtig." 

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