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Foto: Zwei Personen winzig klein am Strand bei Sonnenuntergang

Foto: Andrea K.

Interview von Andrea
Bereich
Wissen
Veröffentlicht
23.08.2021

Abi 21 - Wo bleibt die Freiheit?

"Wir mussten uns viel allein beibringen und trotzdem haben wir bislang den besten Abiturschnitt"

Rund 35.000 Schüler:innen haben in Bayern 2021 Abitur gemacht. Wie bereits im Vorjahr fanden die Abiturprüfungen unter den Vorzeichen der Corona-Pandemie statt. Trotz herausfordernder Rahmenbedingen wie beispielsweise Masken, Tests und allein lernen im Distanzunterricht, haben die bayrischen Gymnasiastinnen und Gymnasiasten sehr gut abgeschnitten. Mit einem Schnitt von 2,14 erzielten die Absolvent:innen 2021 bislang den besten Abiturschnitt. (Quelle: Kultusministerium Bayern)

Ich habe mich gefragt, wie es wohl war, das Abitur in Zeiten der Coronapandemie zu machen und welche Zukunftsvorstellungen die Abiturient:innen in der Pandemie haben. Dafür habe ich eine sehbehinderte Freundin aus Hessen, die zur blista Marburg gegangen ist, sowie meine beiden Mitredakteurinnen Ann‑Katrin und Melina, die auf das Luitpoldgymnasium in Wasserburg gegangen sind, interviewt.

Zumindest am Anfang waren sich die drei sehr einig:

 

Plan oder kein Plan?

Ann-Katrin: Plan

Friederike: Plan

Melina: Plan

 

Chillen oder Jobben?

Ann-Katrin: Jobben

Friederike: Chillen

Melina: Chillen

 

Ausland oder Heimat?

Ann-Katrin: Heimat

Friederike: Coronabedingt Heimat

Melina: Heimat

 

Studium oder Praktikum?

Ann-Katrin: Definitiv Studium

Friederike: Studium

Melina: Studium

 

Spaß oder Geld?

Ann-Katrin: Spaß!

Friederike: Spaß!
Melina: Spaß!

Es gab aber auch Unterschiede...

 

Wie hat Corona deinen Alltag verändert auch in Bezug auf Schule?

Ann-Katrin: Ich musste mich selbst ziemlich umstellen zum Beispiel mit dem Lernen. Außerdem musste ich mich an Neues gewöhnen, wie online Unterricht oder Lernen von Zuhause. Besonders schwer fand ich, dass man von der Außenwelt isoliert war.

Friederike: Wir hatten zum Glück nicht so viel Homeschooling wie andere Schüler:innen – dafür hatten wir mit anderen Barrieren zu kämpfen: Beispielsweise durften wir lange Zeit keine 3D-Modelle im Bio-Lk mehr verwenden. Das erschwerte uns die Visualisierung, v.a. für vollblinde Schüler:innen erheblich.

Melina: Corona hat mein Leben schon ziemlich verändert. Ich konnte meine Freudinnen lange nicht sehen und war lange nicht in der Schule. Anfangs gabs bei uns diese Onlinekonferenzen nicht. Wir bekamen von den Lehrern immer E-Mails mit dem Stoff und es wurde nicht kontrolliert, ob man das gemacht hat. Aus diesem Grund musste ich mir den Stoff selbst beibringen. Ebenso war für mich die Zeiteinteilung schwierig, weil ich nicht wusste, wie ich mir es einteilen soll. Ich musste mir alles selbst erarbeiten und dadurch dass wir keine Videokonferenzen hatten, war es schwieriger dem Lehrer Fragen zu stellen und auch Feedback zu erhalten.

 

Wie verlief das Homeschooling in den vergangenen Monaten?

Ann-Katrin: Im ersten Lockdown war es ein Chaos. Es waren neue Umstände für die Lehrer. Bei uns Schüler:innen hat nicht alles so funktioniert wie es sollte. Beispielsweise haben wir unsere Aufgaben nicht rechtzeitig bekommen. Im zweiten Lockdown waren wir die einzige Stufe, die Präsenzunterricht hätte.

Friederike: Wir hatten nur im Frühjahr 2020 von Mitte März bis Ende April Homeschooling, was verhältnismäßig wirklich wenig ist. Ansonsten hatten wir durchgehend Präsenzunterricht. Nur diejenigen, die sich als Risikopatient:innen vom Unterricht befreien ließen, sind zuhause geblieben und haben über Jitsi am Unterricht teilgenommen.

Melina: Im zweiten Lockdown wurde alles etwas besser. So langsam hatte sich alles eingespielt. Wir haben auf einer Plattform namens Schülerportal mit Lehrern via Chat oder Videokonferenzen kommuniziert. Weil viele von uns kein gutes Internat hatten (Dorfleben) waren manchmal die Videokonferenzen instabil. Es gab drei Methoden wie der Unterricht gehalten wurde: es gab Videokonferenzen, manche Lehrer haben die Aufgaben weiter per E-Mail versendet oder der Unterricht wurde per Chat gehalten. Irgendwann haben wir auch Teams bekommen. Damit hat der Unterricht dann auch gut funktioniert. Dadurch dass wir aber in der 12. waren, durften wir relativ schnell wieder zur Schule.

 

Wie war es, sich trotz Corona auf die Abiprüfungen vorzubereiten?

Ann-Katrin: Für mich war es gar kein Problem, wir hatten genug Zeit, um uns individuell vorzubereiten und es verlief entspannt und zeitlich gut machbar. Ungünstig war allerdings, dass ich nicht immer auf Lehrer zugehen konnte, da diese nicht immer an der Schule waren.

Friederike: Der größte Unterschied war wohl, dass man nicht so wirklich einen Ausgleich hatte - Treffen mit Freunden, Sport im Verein oder Fitnessstudio oder Besuche in Restaurants/ Kneipen fielen komplett weg. Dazu kam noch, dass zwei Wochen vor den schriftlichen Prüfungen Diskussionen in den Medien aufkamen, ebendiese ausfallen zu lassen. Da wurden wir alle sehr nervös, zumal ich schon im Januar mit dem Lernen angefangen hatte.

Melina: Als es tatsächlich auf meine Abivorbereitungen zuging habe ich Corona nicht als Hindernis empfunden. Zu diesem Zeitpunkt sind wir sowieso nur noch für unsere Abifächer in die Schule gegangen. In manchen Fächern waren wir sehr wenige, wie zum Beispiel in Informatik. Hier machte ich mit nur noch drei anderen Abi! Dadurch dass wir nur so wenige waren, konnte ich gezielt Fragen stellen. Die Hauptvorbereitungen passieren doch sowieso zuhause und deswegen war Corona kein erschwerender Faktor für mich.

 

Benötigst du Hilfsmittel in der Schule und wenn ja welche?

Friederike: Meist nutze ich eine Vergrößerung am Laptop und teilweise eine Sprachausgabe. Eine Braillezeile besitze ich zwar, kann mich mit dieser aber noch nicht so recht anfreunden.

 

Welche Regeln gab es, so dass die Abiturprüfungen durchgeführt werden konnten?

Ann-Katrin: Man musste sich vor den jeweiligen Abiturprüfungen testen lassen und per E-Mail das Ergebnis schicken, so dass man teilnehmen konnte. Wer sich nicht testen lassen wollte, musste in extra Räumen schreiben.

Friederike: Wir mussten uns morgens am Prüfungstag testen lassen und durften die Prüfung dann ohne Maske schreiben. Ansonsten saßen wir im größtmöglichen Abstand zueinander.

Melina: Am Tag der Abiturprüfungen mussten wir ausreichend Abstand halten (1,5 m). Dies ist meist sowieso der Fall, um Spicken zu vermeiden. Außerdem war während der Prüfungen Maskenpflicht (Stoff- oder OP-Masken). Es gab die Regelung, dass man sich am Vortag testen lassen soll, dies war aber nicht Pflicht. Wenn man sich nicht testen lassen wollte, musste man in einem extra Raum sitzen.

 

Magst du den Leser:innen deinen Abi-Schnitt verraten?

Ann-Katrin: Ich habe kein Problem damit, meinen Schnitt zu verraten. Er ist 2,3.

Friederike: Ich bin zufrieden und kann mein Studium damit erreichen! ;)

Melina: Gerne; Mein Schnitt liegt bei 1,6.

 

Dieses Jahr war es leider durch Corona nicht so recht möglich, eine Abifahrt zu machen, wie feiert ihr dann euren Abschluss?

Ann-Katrin: Es gab die Möglichkeit auf eine privat organisierte Abifahrt zu fahren, jedoch haben wenige dieses Angebot angenommen. Ich selbst bin bloß bei der Abifeier dabei gewesen.

Friederike: Ich habe meinen Abschluss einmal mit meinen engsten Freunden in Marburg gefeiert, wozu auch Freunde aus meiner Heimat kamen. Danach kam nochmal eine Feier mit der Familie.

Melina: Einige von uns haben eine Abifahrt gemacht, jedoch bin ich nicht mitgefahren. Wir haben eine kleine Abifeier mit meinen Mitschüler:innen und Lehrern gemacht.

 

Glaubst du, dass die Pandemie sich negativ auf deine Zukunftschancen auswirkt?

Ann-Katrin: Ich denke nicht. Bezüglich meiner Zukunft mache ich mir eher weniger Sorgen. Vielleicht wird es irgendwann heißen: Das war der Corona-Abijahrgang, denen wurde des Abi ja eh allen geschenkt. Das könnte zu Komplikationen führen. Aber ich hoffe, dass das nicht so kommt.

Friederike: Das glaube ich an sich nicht. Ich habe überlegt, nach dem Abi ins Ausland zu gehen, aber mit Corona ist mir das trotz Vollimpfung einfach zu unsicher. Das ist für mich jetzt allerdings auch nicht so schlimm. Ansonsten hoffe ich einfach, dass ich mein Studium mit möglichst vielen Veranstaltungen in Präsenz beginnen kann. 

Melina: Nein, dafür habe ich für mich wichtige Dinge gelernt. Im ersten Lockdown konnte ich für mich das eigenständige Lernen und Arbeiten erlernen.

 

Hast du Pläne, was du nach deinem Abitur machen möchtest?

Ann-Katrin: Ja, ich möchte an der Hochschule Weinstephan-Triesdorf in Freising Lebensmitteltechnologie studieren.

Friederike: Ich werde Psychologie in Marburg studieren.

Melina: Ja, ich werde ab Oktober in Rosenheim Wirtschaftsinformatik studieren.

 

Musstest du deine Pläne nach dem Abitur aufgrund von Corona ändern?

Ann-Katrin: Nein, ich musste meine Pläne nicht ändern. Mit dem Studium wars bis Mitte der 12. Klasse unsicher. In den letzten Monaten wurde es dann sicher. Die Richtung wusste ich allerdings schon immer: Naturwissenschaften.

Friederike: Wie schon gesagt wäre ich eigentlich gern ins Ausland gegangen. Ansonsten wäre ich auch gern in eine andere (etwas größere) Stadt gezogen fürs Studium. Aber falls es doch ein Onlinesemester wird, möchte ich nicht allein in einer fremden Stadt rumsitzen – darum ist es Marburg geworden!

Melina: Nein, eigentlich überhaupt nicht. Diesen Plan hatte ich seit der 11. Klasse.

 

Hast du einen Tipp an alle, die sich während der Pandemie auf einen Abschluss vorbereiten?

Ann-Katrin: Verliert nicht den Kopf, ihr schafft das! Holt euch Unterstützung bei Freunden/ Familie/ Mitschülern, kontaktiert eure Lehrer bei jeder Frage, die ihr habt und gebt nicht auf!

Friederike: Sich nicht aus der Ruhe bringen lassen und möglichst nichts zu eventuellen Ausfällen/ Schließungen in den Medien anschauen, denn die geltenden Infos kommen von der Schule. Auf das vertrauen, was Schule und Lehrkräfte sagen und sich möglichst schon vorher einen guten Ausgleich zum Lernen suchen

Melina: Teilt euch die Zeit gut ein! Fragt Lehrer oder Mitschüler, sonst seid ihr aufgeschmissen. Verliert nicht die Nerven!

Bitte beendet folgende Sätze!

Wegen Corona habe ich …

Ann-Katrin: ...viel weniger Zeit mit meinen Freunden verbracht.

Friederike: ...einige Freundschaften verloren, dafür andere dazubekommen und einige Nerven im Homeschooling zurückgelassen.

Melina: ...einiges in meiner Oberstufenzeit verpasst.

 

Wenn Corona vorbei ist, werde ich als erstes ...

Ann-Katrin: ... total verwirrt sein, wenn die Leute überall ohne Maske rumlaufen.
Friederike: ... verreisen mit Freunden!
Melina: ... mich mit allen meinen Freunden auf einmal treffen.


Mein Abi ist mehr wert als das der anderen Jahrgänge, weil ich ...

Ann-Katrin: ... mich selbstständiger darauf vorbereiten musste.

Friederike: ... würde ich so nicht unbedingt sagen, aber Durchhaltevermögen haben sicher alle Absolvent:innen bewiesen.

Melina: ... mir so viel alleine beibringen musste.

 

Vermissen werde ich an meiner Schule: ...

Ann-Katrin: ... die unterhaltsamen Pausen.

Friederike: ... das gute Verhältnis zwischen Lehrkräften und Schüler:innen.

Melina: ... meine Mitschüler und die meisten Lehrer.

 

Nicht vermissen werde ich: ...

Ann-Katrin: ... die stinkenden Sportumkleiden.

Friederike: ... die Gerüchteküche.

Melina: ... die Klausuren und den Stress.

 

Das Lustigste, was ich während meiner Schulzeit erlebt habe, war …

Ann-Katrin: ... als zwei Lehrer von uns als Mario und Luigi mit einem Bobbycar durchs Schulhaus gefahren sind.

Friederike: ... waren die Klassenfahrten nach Berlin und Rom, die ich wohl nie vergessen werde.

Melina: ... oh gott, da gibt’s so vieles ... meinen Spanien-Austausch.

 

Das Verbotenste in meiner Schulzeit war …

Ann-Katrin: ... als ich in der 12. den letzten Geschichts-Test mit dem Geschichtsbuch auf dem Schoß geschrieben habe.

Friederike: ... das bleibt geheim.

Melina: ... mein Handy in der Schule zu benutzen.

 

Die Nacht vor meiner Abiprüfung habe ich …

Ann-Katrin: ... auf simpleclub.de verbracht.
Friederike: geschlafen, weil ich mich vorher schon gut vorbereitet hatte und der Kopf voll war.

Melina: ... entspannt und geschlafen.


Ich muss verrückt gewesen sein, als ich …

Ann-Katrin: ... Italienisch als zweite Fremdsprache in die Oberstufe gewählt habe.
Friederike: ... dachte, dass der Wechsel an die blista nach Marburg keine gute Idee sei.

Melina: ... Latein als Fremdsprache gewählt habe.

 

In 1 Jahr sehe ich mich …

Ann-Katrin: ...wahrscheinlich verzweifelt am Lernen.
Friederike: ...im Studium.
Melina: ... gestresst vom Studium.

 

In 5 Jahren sehe ich mich …

Ann-Katrin: ... hoffentlich mit einem Bachelor-Abschluss.
Friederike: ... immer noch im Studium, aber hoffentlich schon weiter.

Melina: ... hoffentlich mit einem beendeten Studium.


Vielen Dank euch für das Interview!

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