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Collage: Zwei Emojii-Figuren mit Blindenstock und eine große Brille vor einer fotografierten Regenbogenflagge
Interview von Andrea
Bereich
Politik
Veröffentlicht
21.05.2021

Das Queerformat - LGBTQ+ mit noch einem Plus

In Deutschland gibt es rund 650 Tausend sehbehinderte und blinde Menschen. Dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zufolge wird Menschen mit einer Sehbehinderung oder Blindheit oft weniger Selbstbestimmung zugestanden als nicht behinderten Menschen. Einem Artikel aus dem Regenbogen-Portal zufolge fällt es Menschen ohne Behinderung schwer, behinderte Menschen inklusive der Kürzel LGBTQ+ zu bezeichnen.

 

Ich habe mich gefragt, wie es wohl ist, sich als sehbehinderte oder blinde Person zu outen. Dafür habe ich zwei Bekannte, die ich durch die Schule kennengelernt habe, zu ihrem Leben mit Behinderung plus Queersein gefragt.
  

Wie heißt ihr bzw. wie wollt ihr im Artikel genannt werden?
 

Laurin: Ich heiße Laurin und möchte auch so auftauchen.

Nicole: Und ich heiße Nicole und möchte auch so im Artikel genannt werden.

  

Wie alt seid ihr und wieviel seht ihr?

Laurin: Ich bin 17 Jahre alt und sehe 50 Prozent. Dazu habe ich einen Tunnelblick, das bedeutet, dass ich nur in der Mitte scharf sehe.

Nicole: Ich bin 34 Jahre alt und sehe nur noch hell und dunkel.

 

Wie kommt ihr im Alltag zurecht?

Laurin: An sich komme ich ganz gut zurecht. Jedoch sind doofe Kommentare wegen meiner Sehbehinderung und meiner Transsexualität auch dabei.

Nicole: Also ich kann mich nicht beklagen. Ich habe halt kleine Einschränkungen wie beispielsweise beim Einkaufen oder mich in fremden Gegenden zurechtzufinden.

 

Wie würdet ihr eure Sexualität und euer Geschlecht labeln?

Laurin: Ich würde es so beschreiben, dass ich trans und schwul bin.

Nicole: Ich bin trans und definitiv lesbisch.

 

Wann habt ihr festgestellt, dass ihr nicht straight seit?

Laurin: Mit 11 hab ich´s festgestellt. Da kam ich langsam in die Pubertät. Das trans, schwul bzw. bi sein habe ich mit 13 festgestellt.

Nicole: Angefangen hat es als ich 10 war, ich wollte einen Badeanzug haben und mit Puppen spielen. Als ich dann in die Pubertät kam, habe ich wie ein Mädchen gedacht und die dazugehörigen Fragen gestellt.

 

Hat die Gesellschaft es euch erschwert, euch als Person mit Handicap zu outen?

Laurin: Mit meinem Handicap hat dies nichts zu tun. Für meine Familie war das kein Problem aber für meine Freunde und in der Schule war das schwieriger.

Nicole: Ohne mein Handicap wäre es leichter gewesen, aber ich gehe offen und selbstbewusst damit um.

  

Wie habt ihr euer Outing erlebt?

Laurin: Zuhause und in der Schule war es für die meisten in Ordnung. Nur die Mitschüler:innen in meiner Parallelklasse haben gelästert.

Nicole: Ich hab´s Step by Step gemacht. Erst hat der Direktor in meiner Ausbildung mich Nicole genannt. Meine Freunde wussten es schon davor. Meine Familie hat es am Ende erfahren. Meine Cousinen und Cousins wussten es zuerst und hatten damit kein Problem.

 

Wie geht die LGBTQ+ Community mit der Sehbehinderung/ Blindheit um?

Laurin: Ich kenn zwar nicht viele; jedoch ist´s für die, die ich kenne kein Problem. Es gehört einfach zu mir dazu.

Nicole: Ich habe keinen Kontakt zu dieser Community.

 

Wie erlebt ihr Diskriminierung oder Anfeindungen auch in Bezug auf euer Handicap?

Laurin: Ich werde angerempelt und angemeckert weil man es vor allem im Sommer sieht, dass ich ein Mädchen bin. Manche reden oder lästern auch im Hintergrund über mich. Es ist schwieriger, wenn Menschen wissen das du biologisch gesehen ein Mädchen bist aber als Junge lebst. Außerdem kommen von vielen doofe Kommentare wenn sie wissen das ich auf Jungs stehe.

Nicole: Ich erlebe keine Diskriminierung oder Anfeindungen.

 

Welche Dinge dürft ihr euch immer wieder anhören?

Laurin: Anfangs musste ich mir anhören, dass es nur eine Phase sei. Inzwischen fragen sie ob ich ein Junge oder ein Mädchen bin, weil ich lange Haare habe. Wenn Leute wissen, dass ich auf Jungs stehe, fragen sie, ob ich mir sicher bin, dass ich ein Junge bin.

Nicole: Viele sagen, dass sie es cool finden. Meine Freunde stehen da voll und ganz hinter mir. Sie machen mir Mut und bestärken mich, wenn beispielsweise was nicht so gut gelaufen ist.

 

Gab es Situationen, die eure Sexualität/ euer Geschlecht betreffen, die ihr nie vergessen werdet (positiv wie negativ)?

Laurin: Vielen aus meiner Familie und von meinen Freunden ist mein Geschlecht egal. Für sie zählen die inneren Werte. Manche haben das Klischeedenken, da sie das Zusammenspiel von Geschlecht und Sexualität befremdlich finden.

Nicole: Dazu fällt mir nix ein.

 

Was wünscht ihr euch von der Gesellschaft für die Zukunft in Bezug auf Outing und Sexualität mit Behinderung?

Laurin: Menschen sollen so genommen werden wie sie sind. Egal ob mit oder ohne Handicap oder welcher Sexualität. Jeder Mensch sollte von allen als gleich angesehen werden. Es soll in der Schule angefangen werden mit Aufklärung, denn es gibt noch ein Dazwischen zwischen Mann und Frau.

Nicole: Ich wünsche mir mehr Toleranz in Bezug mit Menschen mit Handicap und Sexualität.

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