
Vor Ostern ist Fastenzeit. Aber wie und warum fasten auch junge Leute heutzutage? Dazu hat aROund Redakteurin Melina mit ihrer katholischen Freundin Hannah gesprochen, die ihr erzählt hat, was am Fasten genial ist und was nervt.
Ramadan Dekoration | Foto: Beyza
Kein Essen, kein Trinken – und das den ganzen Tag? Für viele unvorstellbar, doch für Millionen Musliminnen und Muslime eine besondere Zeit. Um herauszufinden, was wirklich hinter dem Ramadan steckt, habe ich eine Moschee besucht und wurde zu einem Jugendiftar eingeladen. Im Interview erzählt Beyza (21), warum das Fasten mehr als nur Verzicht ist, was sie daran liebt – und welche Sprüche sie einfach nicht mehr hören kann.
Um kurz vor drei komme ich an der Ditip-Moschee in Rosenheim an. Hier treffe ich mich heute zum Interview mit Beyza. Sie kommt mir mit einem freundlichen Lächeln entgegen und begrüßt mich herzlich. Wir ziehen uns für unser Gespräch in den leeren Gebetsraum der Frauen zurück, da auf dem Gelände bereits für das Jugendiftar aufgebaut wird. Doch kaum sind wir dort angekommen, dröhnt aus einem Lautsprecher der Gebetsruf und anschließend das Gebet. Während wir auf Ruhe warten, erzählt Beyza mir, dass sie etwas nervös wegen des Interviews sei. Auch ich bin etwas nervös, aber auch gespannt, da ich noch nie in einer Moschee war.
Als wieder Ruhe eingekehrt ist, frage ich sie zuerst, warum Muslime fasten. „Muslime fasten im Monat Ramadan, weil es eine der fünf Säulen des Islams ist, also eine der wichtigsten religiösen Pflichten“, erklärt Beyza. „Zum einen fasten wir, um gehorsam zu Allah zu sein. Zum anderen ist es auch, sich auf sich selbst zu konzentrieren, schlechte Angewohnheiten zu kontrollieren oder auch sich Allah näher zu fühlen. Diese Nähe zu Allah wird auch als Taqwa bezeichnet. Außerdem ist es auch wichtig, dass man sich in Menschen hineinversetzt, die zum Beispiel mit Armut und Hunger kämpfen. Davon lernen wir Geduld und Selbstbeherrschung."
Gerade den Versuch, sich in andere hineinzuversetzen, die weniger haben als wir, finde ich einen schönen Gedanken. Im Islam fasten aber nicht alle Menschen. "Es gibt Personengruppen, die nicht fasten. Kranke oder Reisende sind nicht verpflichtet zu fasten. Schwangere oder stillende Frauen oder auch Kinder, die noch nicht in der Pubertät sind, müssen nicht fasten. Aber es gibt die Regel, dass du die Tage, die du nicht gefastet hast, nach Ramadan nachfasten musst. Das gilt für alle Personengruppen außer bei alten Menschen. Und bei denen gibt es dann eine andere Regel. Da gibt es dann ein Fidye, das ist ein Essen für Bedürftige."
Als Nächstes wollte ich von Beyza wissen, wie eigentlich gefastet wird. "Das Fasten geht von der Morgendämmerung bis zum Sonnenuntergang. Also vom Fajr-Gebet bis zum Maghrib-Gebet. Und auf folgende Dinge muss man halt verzichten: Essen, Trinken, Rauchen, Geschlechtsverkehr und bewusstes, sündiges Verhalten. Vor der Morgendämmerung findet immer eine Mahlzeit statt, das ist der Sahur. Dabei isst und trinkt man, um Energie für den Tag zu haben. Bei Sonnenuntergang brechen wir quasi das Fasten auf. Meistens mit einer Dattel und Wasser, weil das eine Sunnah ist, also eine Angewohnheit von unserem Propheten, Salallahu alaihi wa sallam."
Auf die Frage, was ihr am Fasten am schwersten fällt, muss Beyza lachen. "Was ich ein bisschen anstrengend finde, ist, zu Sahur aufzustehen. Mitten in der Nacht aufstehen, was essen, ist schon ein bisschen anstrengend. Vor allem in den ersten Tagen, da habe ich keinen Schlafrhythmus mehr."
Was ist eigentlich, wenn Muslime ihr Fasten mal vorzeitig brechen? Auch diese Frage konnte Beyza mir beantworten. "Da gibt es auch unterschiedliche Situationen: Es gibt ein absichtliches Fastenbrechen. Das bedeutet, du brichst absichtlich dein Fasten, obwohl du es durchhalten könntest. Dann bekommst du eine Sühneleistung. Das heißt, du musst 60 Tage nach Ramadan als Strafe nochmal fasten."
"Hast du es aus Versehen gemacht, dann machst du einfach weiter, du isst und trinkst nicht mehr, das Fasten bleibt gültig und du machst einfach weiter. Das ist mir auch schon passiert. Ich habe meiner Mutter geholfen, den Iftar vorzubereiten und ich wollte den Teller zum Esstisch bringen. Da war eine Tomate drin und ich habe das voll vergessen, ich habe sie in meinen Mund reingetan und es waren noch so 10 Minuten bis zum Iftar. Ich habe die Tomate schnell rausgetan und dann habe ich die 10 Minuten noch weiter gemacht. Es ist halt nur wichtig, dass du es nicht absichtlich machst."
Manche haben sehr viel Interesse und fragen viel nach. Das freut mich auch, weil ich da merke, dass sie wirklich interessiert daran sind und mehr erfahren möchten. Es gibt aber auch Missverständnisse.
Manche Personen finden das brutal schlimm. Für die kommt es gar nicht infrage. Ich hatte auch mal eine Freundin in der Schule, die hat einen ganzen Tag mit mir mitgefastet, weil sie es miterleben wollte. Und die fand es gar nicht so einfach, kann ich auch verstehen. Aber sie hat es immer respektiert.
Beyza hat auch schon den ein oder anderen Spruch zum Fasten zu hören bekommen. Die zwei Nervigsten waren:
Für alle, die sich vielleicht in der Schule oder auf der Arbeit nicht trauen, vor fastenden Muslimen zu essen, sagt Beyza: In meiner Arbeit machen wir unsere Pause auch immer im Büro. Und einige Kollegen haben sich nicht getraut zu essen. Aber das stört mich nicht. Ich habe dann auch meinen Kollegen gesagt, ihr könnt gerne essen, das ist gar kein Problem für mich.
Hast du Lust, mal mitzufasten? Dann mach das gerne mal. Beyza sagt: „Ich würde das empfehlen, damit man einmal miterlebt, wie es wirklich ist, hungrig und durstig zu sein. Vielleicht sollte es wirklich jeder einmal im Leben versuchen oder probieren. Ich finde, wir sollten auch schätzen, was wir wirklich haben. Das merkt man auch im Monat Ramadan sehr. Im Monat Ramadan bin ich immer glücklich, dass wir immer was zum Essen haben."
Für alle, die Lust haben, mal einen Tag zu fasten, hat Beyza ein paar Tipps, um den Tag wirklich durchzuhaten:
Nach dem Interview ging es für mich noch nicht gleich nach Hause, denn ich wurde eingeladen, am Jugendiftar teilzunehmen. Ich durfte an einer Gesprächsrunde teilnehmen – es wirkte eher wie ein Vortrag und war auf Türkisch – aber die Atmosphäre war sehr angenehm. Dann saß ich mit vielen anderen jungen Frauen beim Essen oder eher fast 10 Minuten vor dem Essen. Dann erst war es Zeit fürs Fastenbrechen und alle schienen sehr glücklich, jetzt etwas essen zu können. Zum Abschluss war ich noch beim Magrib-Gebet dabei und habe das beobachtet. Abschließend kann ich sagen, dass es eine sehr spannende Erfahrung und eine schöne Zeit war.